Fledermäuse passen ihre Echoortungslaute an Lärm an

Die Kleine Lanzennase (Phyllostomus discolor) passt ihre Echoortungslaute an Umbebungslärm an Pietro d' Amelio

Alle Fledermäuse nehmen ihre Umgebung durch Ultraschalllaute wahr, die sie aussenden und deren Echos sie auswerten. Viele Fledermäuse nutzen diese Laute auch zur Nahrungssuche, zum Beispiel solche, die Insekten im Flug jagen. Stark akustisch orientierte Tiere wie Fledermäuse brauchen also Mechanismen, um ihre Vokalisation auf Umgebungslärm anzupassen.

Eine bereits recht gut untersuchte Form der lärmabhängigen Anpassung von akustischen Signalen ist der so genannte Lombard-Effekt: Als Antwort auf erhöhten Umgebungslärm wird die Lautstärke des Signals entsprechend angehoben. Dieser Grundeffekt zur Aufrechterhaltung von Kommunikation ist für Vögel und Säugetiere bekannt, einschließlich des Menschen.

Ein Team von Wissenschaftler aus Seewiesen unter Leitung von Lutz Wiegrebe von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München hat nun zum ersten Mal bei Fledermäusen Signallautstärke, Signaldauer und Signalwiederholung unter verschiedenen, kontrollierten Lärmbedingungen ausgewertet.

Die Wissenschaftler spielten der Kleinen Lanzennase (Phyllostomus discolor) Umgebungslärm in drei Frequenzbereichen in unterschiedlicher Lautstärke vor (28, 40 und 52 dB SPL) und nahmen dabei die Echoortungssignale der Tiere auf. Diese werteten sie anschließend mathematisch aus, um die akustische Wahrnehmung der Tiere zu verstehen.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass auch bei den Fledermäusen der wichtigste und stärkste Mechanismus zur Kompensation von Lärm die Lautstärke des Signals ist: Alle Tiere riefen lauter mit Lärm, und zwar um bis zu 8 dB. Die Dauer der Laute nahm zwischen 13 und 85 Prozent zu, dies führt laut den Wissenschaftlern ebenfalls zu einer besseren Erkennbarkeit des Signals um aber nur maximal 5 dB.

Ein weiterer Mechanismus der Lärmkompensation, den die Wissenschaftler unter bestimmten Lärmbedingungen gefunden haben, ist die Bildung von Lautgruppen. Damit könnte die Wahrscheinlichkeit steigen, durch das mehrmals hintereinander zeitnahe Hinhören den Informationsgehalt und damit die Erkennbarkeit des Signals zu verbessern. Die Wissenschaftler errechneten, dass dies bis zu 4 dB ausmachen kann.

„Wir fanden bei gleichen Lärmbedingungen Unterschiede in der Signallautstärke zwischen den Individuen von knapp zwei bis acht dB. Ebenso deutlich variierte die Veränderung der Rufdauer,“ zeigte sich Holger Holger Goerlitz, Forschungsgruppenleiter in Seewiesen überrascht. Entscheidend war, dass diese unterschiedlichen Reaktionen der Individuen jedoch in der Summe zum selben Ergebnis führten: „Das Gehör wertet verschiedene Signalparameter, wie zum Beispiel Lautstärke und Lautdauer, aus, um Signale zu erkennen“, sagt Lutz Wiegrebe von der LMU München. Obwohl die Parameter unterschiedlich sind, erhöhen sie in der Summe alle die Erkennbarkeit der Signale und unterstützen somit die Signalwahrnemung in Umgebungslärm.

Kontakt:
Dr. Holger Goerlitz
Max-Planck-Institut für Ornithologie Seewiesen
Forschungsgruppe Akustische und Funktionelle Ökologie
Tel.: +49 (0)8157 932-372
E-Mail: hgoerlitz@orn.mpg.de

Prof. Dr. Lutz Wiegrebe
Ludwig-Maximilians-Universität München
Neurobiologie, Abteilung Biologie II
Tel.: +49 (0)89 2180-74314
E-Mail: lutzw@lmu.de

http://www.nature.com/articles/srep18556

Media Contact

Dr. Sabine Spehn Max-Planck-Institut für Ornithologie

Weitere Informationen:

http://www.orn.mpg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer