Wie filtert das Gehirn Informationen?

Einem Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin ist es jetzt gemeinsam mit Kollegen der Harvard University in Cambridge gelungen, einen zentralen Filter für Sinneseindrücke im Gehirn zu identifizieren.

Er hebt wichtige Eindrücke hervor und sorgt dafür, dass man weniger wichtige Informationen vergisst oder gar nicht erst bewusst registriert. Ein kleines Nervengebiet im Hirnstamm, der sogenannte Nucleus raphe dorsalis, ist für diese wichtige Aufgabe zuständig, berichten die Forscher um Dr. Gabor Petzold von der Abteilung für Experimentelle Neurologie am Campus Charité Mitte in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals Nature Neuroscience.*

Dieser Bereich des Gehirns, der auch Raphekern genannt wird, besteht aus relativ wenigen Nervenzellen, die aber durch Nervenfortsätze mit dem gesamten Gehirn in Verbindung stehen. Somit kann er alle Eindrücke erfassen, die durch Sehen, Fühlen, Hören und Riechen im Gehirn ankommen. Erstmals gelang es den Forschern um Dr. Petzold, die Einflüsse des Botenstoffs Serotonin, der vom Nucleus raphe dorsalis gebildet wird, auf den Verarbeitungsprozess von Sinnesinformationen direkt zu messen. Sie beobachteten das Gehirn von Mäusen mit einem Spezialmikroskop, das die Aktivität der Nervenzellen sichtbar macht. „War viel Serotonin in dieser Gehirnregion vorhanden, so führte dies bei den Mäusen zu einer Verminderung bestimmter Sinneseindrücke, wogegen ein niedrigerer Serotoningehalt die Sinnesinformation verstärken konnte“, erklärt Dr. Petzold.

„Aus neurologischer Sicht liefern diese Ergebnisse interessante Hinweise für eine mögliche Behandlung von Schmerzen“, zeigt er sich optimistisch. Der Nucleus raphe dorsalis könnte neben der Beeinflussung normaler Sinneseindrücke auch verstärkend oder dämpfend auf das Schmerzsystem wirken, beispielsweise bei Migränekopfschmerzen. Auch bei Patienten mit Schizophrenie vermuten die Forscher, dass eine falsche Steuerung des Serotoningehalts entscheidend zur Krankheit beiträgt. Sie könne zu einer weniger gefilterten Wahrnehmung von Sinneseindrücken und somit eventuell zu Halluzinationen führen. Diesen Fragen wollen Dr. Petzold und sein Team in weiteren Projekten nachgehen.

Petzold, Hagiwara, Murthy: Serotonergic modulation of odor input to the mammalian olfactory blub. In: Nature Neuroscience, May 2009. doi:10.1038/nn.2335

Kontakt:
Dr. Gabor Petzold
Abteilung Experimentelle Neurologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Campus Charité Mitte
t: +49 151 57 72 90 91

Media Contact

Kerstin Endele idw

Weitere Informationen:

http://www.charite.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Durchbruch bei CRISPR/Cas

Optimierte Genschere erlaubt den stabilen Einbau von großen Genen. Großer Fortschritt an der CRISPR-Front. Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie (IPB) ist es erstmals gelungen, sehr effizient große Gen-Abschnitte stabil und…

Rittal TX Colo: Das neue Rack für Colocation Data Center

Rittal TX Colo: Flexibel, skalierbar und zukunftssicher Mit der zunehmenden Digitalisierung und künftig auch immer mehr KI-Anwendungen steigt der Bedarf an Rechenleistung signifikant – und damit boomt der Colocation-Markt. Unternehmen…

Neue Dropbox Features

Nahtlose Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, gemeinsame Dokumentenerstellung für Microsoft, erweiterte Dropbox Replay-Funktionen und vieles mehr. Dropbox Inc. (NASDAQ: DBX) kündigt heute neue Funktionen für mehr Sicherheit, bessere Organisation sowie schnellere und bequemere Freigabeprozesse…

Partner & Förderer