Essbare Gasspeicher

Ein Löffel Zucker, eine Prise Salz und ein Schluck Alkohol – das sind die Zutaten, aus denen Wissenschaftler eine neue Klasse robuster nanoporöser metall-organischer Gerüste herstellen.

Allerdings ist der Zucker kein Haushaltszucker sondern γ-Cyclodextrin, das aus dem nachwachsenden Rohstoff Maisstärke gewonnen wird. Wie J. Fraser Stoddart und ein Team aus Wissenschaftlern von der Northwestern University in Evanston (IL, USA), der University of California in Los Angeles (USA) sowie der University of St. Andrews (Großbritannien) in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, könnte dieses einfache Rezept der Auftakt für eine neue Klasse biokompatibler poröser Kristalle aus erneuerbaren natürlichen Rohstoffen sein.

Metall-organische Gerüste (engl. metal-organic frameworks, MOF) sind wohlgeordnete, gitterartige Kristalle. Die „Knotenpunkte“ der Gerüste bilden Komplexe von Übergangsmetallen (wie Kupfer, Zink, Nickel oder Cobalt), organischen Moleküle stellen die Verbindungsstücke zwischen den Knoten. In ihren Poren können MOFs Gase speichern, beispielsweise Wasserstoff oder Kohlendioxid. Außerdem können sie zur Stofftrennung, als Katalysatoren und zum gezielten Transport von Pharmaka im Organismus eingesetzt werden. Die meisten der bisher hergestellen MOFs bestehen aus Bausteinen auf petrochmischer Basis. Stoddart und sein Team stellten sich jetzt der Herausforderung, MOFs aus Naturprodukten aufzubauen. „Das Problem: natürliche Bausteine sind im allgemeinen nicht symmetrisch“, so Stoddart, „diese Mangel an Symmetrie scheint eine Kristallisation zu hochgeordneten poröser Gerüste zu verhindern.“

γ-Cyclodextrin hieß die Lösung für dieses Problem: Es besteht aus acht asymmetrischen Glucose-Gruppen, die in zu einem Ring verknüpft sind, der symmetrisch ist. In vielen Ländern (z.B. USA, Japan) sind Cyclodextrine als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen. Zweite Zutat ist ein Alkalimetall-Salz. Unter den geeigneten Kandidaten finden sich auch gewöhnliches Speisesalz (Natriumchlorid), der gängige Salzersatz Kaliumchlorid oder Kaliumbenzoat, ein zugelassenes Konservierungsmittel. Die Zutaten werden in Wasser gelöst und dann per Dampfdiffusion mit einem Alkohol kristallisiert. Hier kann man problemlos ein handelsübliches Getränk, etwa Korn, verwenden. „Die Zutaten sind also alles Substanzen, die man kostengünstig in hoher Qualität und für Lebensmittelanwendungen geeigneter Reinheit erhalten kann“, so Stoddart.

Die entstehenden Kristalle bestehen aus Würfeln aus sechs γ-Cyclodextrin-Molekülen, die dreidimensional über Kaliumionen verknüpft sind. Diese Würfel sind genau so angeordnet, dass sie ein poröses Gerüst mit offen zugänglichen Poren bilden. „Eine solche Anordnung war bisher unbekannt,“ sagt Stoddart. „Das Porenvolumen macht 54% des Festkörpers aus.“ Besonders untypisch für poröse Materialien: Beim Auflösen in Wasser dissoziiert das Gerüst einfach wieder in seine Bestandteile, die sich dann wieder mit Alkohol kristallisieren lassen. Stoddart: „Auf diese Weise lässt sich ein beschädigtes Gerüst einfach recyceln oder regenerieren.“

Angewandte Chemie: Presseinfo 29/2010

Autor: J. Fraser Stoddart, Northwestern University, Evanston (USA), http://stoddart.northwestern.edu/

Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201002343

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