Erneuerbar und sauber

Weit oben auf der Wunschliste für eine umweltfreundliche und ressourcenschonende Chemie steht die Idee, erneuerbare Rohstoffe so geschickt umzusetzen, dass beim selben Prozess gleichzeitig Energie und industriell relevante Chemikalien gewonnen werden. Dabei soll kein Kohlendioxid freigesetzt werden. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellen Hansjörg Grützmacher, Francesco Vizza und Claudio Bianchini und Kollegen von der ETH Zürich sowie vom Consiglio Nazionale delle Ricerche (CNR) in Sesto Fiorentino (Italien) nun einen neuen Brennstoffzellentyp vor: eine metallorganische Brennstoffzelle, die Alkohole und Zucker effizient in Carbonsäuren umwandelt.

Anders als die etablierten Alkohol-Brennstoffzellen – die direkte Alkohol-Brennstoffzelle und die enzymatische Bio-Brennstoffzelle – arbeitet die metallorganische Brennstoffzelle (organometallic fuel cell, OMFC) nach einem völlig anderen Prinzip. Erfolgsgeheimnis ist ein spezieller molekularer Komplex des Metalls Rhodium, der als Anoden-Katalysator fungiert. Die Wissenschaftler scheiden den Komplex feinst verteilt auf Kohlenstoffpulver als Träger ab. Das Interessante: Der aktive Katalysator bildet sich während der chemischen Reaktion – und er verändert sich schrittweise im Verlaufe des katalytischen Kreislaufs. Auf diese Weise entstehen aus einem einzigen Metallkomplex verschiedene Katalysatoren, die jeweils für die einzelnen Reaktionsschritte spezifisch sind: die Umwandlung vom Alkohol (z.B. Ethanol) in den entsprechenden Aldehyd, vom Aldehyd in die entsprechende Carbonsäure (z.B. Essigsäure), außerdem für den Transfer von Protonen (H+)- und von Elektronen. Nicht nur Alkohole, auch Zucker wie Glucose können auf diese Weise umgesetzt werden.

Die Forscher hoffen, dass sich ihr neuer Ansatz als Durchbruch in der Brennstoffzellen-Technologie erweisen könnte. Ein besonderer Vorteil der neuen Technik ist, dass molekulare Metallkomplexe in verschiedenen Lösungsmitteln löslich sind und sich auf diese Weise extrem fein auf sehr kleinen Oberflächen verteilen lassen. Dennoch liefern sie eine erstaunlich hohe Leistungsdichte. Dies könnte ein Weg sein, Brennstoffzellen weiter zu miniaturisieren und sie so beispielsweise als Stromquelle für biologische Anwendungen wie Herzschrittmacher und für Biosensoren, etwa zur in-vivo Verfolgung von Stoffwechselvorgängen, zugänglich zu machen.

Durch die geschickte Kombination einer maßgeschneiderten molekularen Katalysator-Struktur mit einem passenden Trägermaterial könnten zukünftig Brennstoffzellen entwickelt werden, die Ausgangsstoffe mit mehreren Alkohol-Gruppen selektiv und gezielt in ganz bestimmte wertvolle Feinchemikalien umsetzen, ohne dass Abfallprodukte entstehen. Eine Aufgabe, die mit traditionellen Methoden nur extrem schwer zu realisieren ist.

Angewandte Chemie: Presseinfo 34/2010

Autor: Hansjörg Grützmacher, ETH Zürich (Switzerland), http://www.gruetzmacher.ethz.ch/people/hansjoerg

Angewandte Chemie 2010, 122, No. 40, 7387–7391, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201002234

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany

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