Elefanten: Rätsel um längste Schwangerschaft der Welt gelöst

Schlafendes neugeborenes Asiatisches Elefantenbaby bewacht von Mutter und Tanten. Das hohe Kompetenzlevel bei der Geburt und die enorme Fürsorge der Herde tragen zur hohen Überlebensrate von Elefantenkälbern bei. Foto: Guillaume Rebis<br>

Elefanten gebären nur ein Jungtier. Ein neugeborenes Kalb wiegt im Verhältnis zur Mutter, die rund drei Tonnen auf die Waage bringt, gerade einmal einhundert Kilo. Das entspricht ca. drei bis vier Prozent der Körpermasse eines erwachsenen Elefanten. Warum ist die Trächtigkeitsperiode so enorm lang und wie erhält eine Elefantenkuh diese über einen fast zweijährigen Zeitraum?

Die IZW-Forscher(innen) konnten mithilfe von Ultraschalluntersuchungen und Hormonmessungen an trainierten trächtigen Elefantenkühen zeigen, dass vor jedem Eisprung, also dem Freisetzen des reifen Follikels, bereits Hilfsgelbkörper an den Eierstöcken angelegt werden. Der Gelbkörper produziert Gestagene, die für den Erhalt einer Trächtigkeit wichtig sind. Normalerweise entsteht der Gelbkörper nur dort, wo der Eisprung stattgefunden hat.

Bei Elefanten reift pro Zyklus nur ein Follikel bis zum Eisprung heran, die Eierstöcke zeigen aber dennoch bis zu zwölf Gelbkörper. Die Hilfsgelbkörper bilden sich durch eine zusätzliche Freisetzung des luteinisierenden Hormons (LH-Peak), wodurch sich mehrere kleine Follikel in Gelbkörper umwandeln, ohne dass es vorher zum Eisprung gekommen war. Ein zweiter LH-Peak löst dann etwa zwanzig Tage später den Eisprung aus.

Damit realisieren Elefantenkühe die Versorgung mit den trächtigkeitserhaltenen Gestagenen, wie Progesteron und dessen Metaboliten. Das Set aus einem ovulatorischen Gelbkörper und bis zu elf weiteren Hilfsgelbkörpern bleibt in Größe und Durchblutung bis zum Ende der Trächtigkeit konstant erhalten. Da die Plazenta keine Steroidhormone produziert, kann aufgrund der Ultraschallergebnisse angenommen werden, dass die Ausbildung der multiplen Gelbkörper die Hauptquelle für Gestagene ist.

Elefanten gelten als hochentwickelte Tiere, mit komplexen Sozialstrukturen. Sie sind unsere größten Landsäugetiere, die mit bis zu 65 Jahren äußerst langlebig sind. Die lange Trächtigkeit könnte das Resultat aus mehreren Faktoren sein. Der Transport von Nährstoffen durch die Plazenta und ein langsamer Stoffwechsel sind relevant für die Geschwindigkeit der Fetalentwicklung. Am Bedeutendsten für die lange Tragzeit erscheint jedoch die Gehirnentwicklung.

Elefantenkälber sind bei der Geburt bereits voll entwickelt und können ihren Rüssel schon früh gezielt einsetzen. Sehr junge Kälber sind daher fähig, mit der Herde mit zu ziehen. Diese Kompetenzen könnten eine lange intrauterine Entwicklung erfordern und somit einen ausgefeilten und im Vergleich zu bisher studierten Säugetieren einzigartigen Mechanismus zum Erhalt der Trächtigkeit bewirkt haben.

Publikation:
Lüders I, Niemüller C, Rich P, Gray C, Hermes R, Göritz F, Hildebrandt TB (2012): Gestating for 22 months: luteal development and pregnancy maintainance in elephants. PROC R SOC B, 1 – 10, doi: 10.1098/rspb.2012.1038.

Kontakt:
Steven Seet, Tel.: 030 5168 108, seet@izw-berlin.de
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.
Alfred-Kowalke-Str. 17
10315 Berlin

Media Contact

Steven Seet idw

Weitere Informationen:

http://www.fv-berlin.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer