Einen Schritt näher an die Wirklichkeit

In FRAP-Assays wird gemessen, wie viel Zeit fluoreszente Moleküle brauchen, um ein ausgebleichtes Areal wieder auszufüllen. © Alexander Bläßle, FML

In FRAP-Assays wird gemessen, wie viel Zeit fluoreszente Moleküle brauchen, um ein ausgebleichtes Areal wieder auszufüllen – also wie schnell ein dunkler Bereich in einer Probe wieder hell wird. Die Auswertung der dabei entstehenden mikroskopischen Bilder ist allerdings alles andere als trivial: So hängen Molekülbewegungen unter anderem von der Beschaffenheit der Umgebung ab.

Wird eine komplex geformte Struktur bei der Analyse mit einfachen Geometrien approximiert, liegen die errechneten Diffusionskoeffizienten schnell fernab der eigentlichen Werte. PyFRAP fungiert ohne solche vereinfachenden Annahmen und geht stattdessen von realitätsnahen, dreidimensionalen Strukturen aus. Auf deren Grundlage simuliert das Programm das Experiment numerisch und passt die Simulationen über klassische Algorithmen an die gemessenen Daten an.

Dr. Alexander Bläßle, der Erstautor der Publikation, und seine Kollegen haben eine Vielzahl weiterer Quellen für Ungenauigkeiten identifiziert und bei der Entwicklung von PyFRAP berücksichtigt. Diese Akribie scheint sich auszuzahlen:

Im Vergleich mit Alternativprogrammen liefert PyFRAP gerade unter schwierigen Bedingungen besonders zuverlässige Ergebnisse. Und dank der flexibel festlegbaren Ausgangsbedingungen lassen sich mit dem Programm auch iFRAP-Daten (iFRAP: inverse FRAP) auswerten; eine relativ neue Alternative zu FRAP-Assays, die schonender für empfindliche Proben ist.

Mit dieser genauen Analysemethode könnten sich nun auch neue Anwendungsmöglichkeiten für FRAP- bzw. iFRAP-Assays auftun. Als Beispiel führen die Autoren in ihrer Publikation die Analyse von Molekülinteraktionen im lebenden Organismus auf: Hier könnte die Abbremsung von Molekülen ein Indiz für – eventuell unbekannte – Bindungspartner sein.

PyFRAP hat das Potenzial, sich als neues Standardprogramm in der Grundlagenforschung zu etablieren – auf jeden Fall ist es schon jetzt ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass es sich lohnt, vereinfachende Annahmen zu hinterfragen und alternative Wege zu gehen.

Software: Das Programm PyFRAP steht kostenlos unter folgenden Links zur Verfügung:
http://www.fml.tuebingen.mpg.de/mueller-group/software.html
https://mueller-lab.github.io/PyFRAP/

Original Publication: Bläßle A, Soh G, Braun T, Mörsdorf D, Preiß H, Jordan BM, Müller P (2018). Quantitative diffusion measurements using the open-source software PyFRAP. Nature Communications, DOI: 10.1038/s41467-018-03975-6.

Ansprechpartner:
Dr. Patrick Müller
Max-Planck-Forschungsgruppe „Systembiologie der Entwicklung“
Tel.: 07071 601-815
E-Mail: patrick.mueller@tuebingen.mpg.de
http://www.fml.tuebingen.mpg.de/mueller-group.html

Über uns
Der Max-Planck-Campus Tübingen beherbergt die Max-Planck-Institute für Entwicklungsbiologie, Biologische Kybernetik und Intelligente Systeme sowie das Friedrich-Miescher-Laboratorium. Insgesamt arbeiten und forschen rund 700 Personen auf dem Campus. Die Institute sind Teil der 83 Forschungseinrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

Das Friedrich-Miescher-Laboratorium (FML) wurde 1969 von der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gegründet. Es bietet herausragenden jungen Forschern die Möglichkeit, über einen Zeitraum von mehreren Jahren eine Arbeitsgruppe aufzubauen und eigene Forschungsideen zu verwirklichen. Derzeit arbeiten am FML ungefähr 50 Mitarbeiter in vier Forschungsgruppen.

Software: Das Programm PyFRAP steht kostenlos unter folgenden Links zur Verfügung:
http://www.fml.tuebingen.mpg.de/mueller-group/software.html
https://mueller-lab.github.io/PyFRAP/

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Sarah Hailer Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie

Weitere Informationen:

http://www.fml.mpg.de

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