Forscher decken die fundamentale Bedeutung der Biogenese von AMPA-Rezeptoren für die Leistungsfähigkeit des Gehirns auf
Dr. Aline Brechet, Dr. Jochen Schwenk und Prof. Dr. Bernd Fakler haben in Zusammenarbeiten mit Genetikerinnen und Genetikern der Universitäten Leipzig und Paris/Frankreich erstmals die große Bedeutung der Prozesse des molekularen Zusammenbaus – der Biogenese – der AMPA-Rezeptoren für die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns aufgedeckt.
AMPA-Rezeptoren, die wichtigsten Neurotransmitter-Rezeptoren des Gehirns, sind Multiproteinkomplexe, die im Zellinneren zusammengebaut und dann in die Synapsen von Nervenzellen transportiert werden, wo sie für die schnelle Übertragung und Verarbeitung von Informationen verantwortlich sind.
Ist der Zusammenbau der Rezeptorkomplexe infolge von genetischen Mutationen gestört, führt dies zu schweren Krankheitsbildern mit stark eingeschränktem Intellekt und epileptischen Anfällen. Die in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen einen unerwarteten Mechanismus zur Kontrolle der Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns auf.
Unter Anwendung hochauflösender Proteomanalyse-Techniken haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Population von AMPA-Rezeptoren in Hirnmembranen identifiziert, die sich in ihrem Aufbau grundsätzlich von den AMPA-Rezeptoren in den Synapsen unterscheiden.
Diese neu entdeckten Komplexe kommen, wie die Forscherinnen und Forscher weiter herausfanden, nur im Endoplasmatischen Retikulum vor und sind eine Art Übergangsstufe in der Biogenese der synaptischen Rezeptorkomplexe. Wird die Ausbildung dieser Übergangsstufe im Tiermodell experimentell durch Viren verhindert, nimmt die Zahl der AMPA-Rezeptoren in der Synapse stark ab. Folge ist eine gestörte Informationsübertragung zwischen den Neuronen.
Beim Menschen kann eine solche Störung der Biogenese von AMPA-Rezeptoren durch Mutationen in der Hauptuntereinheit der Übergangskomplexe, dem FRRS1l Protein, hervorgerufen werden. Solche Mutationen fanden die Forscher in drei Familien, in denen die homozygot – mit Veränderung im väterlich und mütterlich vererbten Gen – betroffenen Patienten an schwersten Funktionsstörungen des Gehirns litten:
Alle Patienten zeigten stark eingeschränkte intellektuelle Fähigkeiten, verzögerte oder fehlende Sprachentwicklung und epileptische Anfälle. Es wurden bei den Patienten jedoch keinerlei Veränderungen in den Hirnstrukturen festgestellt. Dies spricht nach Ansicht der Wissenschaftler dafür, dass die Krankheit durch die Funktionsdefizite, die aus der reduzierten AMPA-Rezeptor-Biogenese resultieren, verursacht wird.
Schon 2012 zeigte die Gruppe um Fakler, dass sich AMPA-Rezeptoren in den Nervenzellen des Gehirns aus einem Sortiment von mehr als 30 verschiedenen Proteinen aufbauen. Es enthält eine ganze Reihe von Proteinen, deren Funktionen, wie im Falle des FRRS1l Proteins, bislang unbekannt sind oder waren. Mit ihrer aktuellen Arbeit zeigen die Wissenschaftler, wie wichtig gerade diese neu entdeckten Bausteine und die Erforschung ihrer molekularen Funktionsmechanismen für das Verständnis der höheren Hirnfunktionen sind.
Die Physiologen Jochen Schwenk und Bernd Fakler sowie die Neurobiologin Aline Brechet forschen am Institut für Physiologie, Schwenk und Fakler arbeiten zudem am Exzellenzcluster BIOSS Centre for Biological Signalling Studies der Universität Freiburg.
Originalpublikation:
AMPA-receptor specific biogenesis complexes control synaptic transmission and intellectual ability. A. Brechet, R. Buchert, J. Schwenk, S. Boudkkazi, G. Zolles, K. Siquier-Pernet, I. Schaber, W. Bildl, A. Saadi, C. Bole-Feysot, P. Nitschke, A. Reis, H. Sticht, N. Al-Sanna’a, A. Rolfs, A. Kulik, U. Schulte, L. Colleaux, R. Abou Jamra and B. Fakler (2017) Nature Communications 10.1038/NCOMMS15910
Kontakt:
Prof. Dr. Bernd Fakler
Institut für Physiologie, Abteilung II / BIOSS Centre for Biological Signalling Studies
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-5175
E-Mail: bernd.fakler@physiologie.uni-freiburg.de
Weitere Informationen:
https://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2017/eine-frage-des-nachschubs
Rudolf-Werner Dreier | Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
Weitere Berichte zu: > AMPA-Rezeptoren > Albert-Ludwigs-Universität > Biogenese > Mutationen > Nervenzellen > Nervenzellen des Gehirns > Physiologie > Synapsen > epileptische Anfälle
Software mit Grips
20.04.2018 | Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt am Main
Einen Schritt näher an die Wirklichkeit
20.04.2018 | Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie
Ein computergestütztes Netzwerk zeigt, wie die Ionenkanäle in der Membran von Nervenzellen so verschiedenartige Fähigkeiten wie Kurzzeitgedächtnis und Hirnwellen steuern können
Nervenzellen, die auch dann aktiv sind, wenn der auslösende Reiz verstummt ist, sind die Grundlage für ein Kurzzeitgedächtnis. Durch rhythmisch aktive...
Von einer einzigen Stammzelle zur Vielzahl hochdifferenzierter Körperzellen: Den vollständigen Stammbaum eines ausgewachsenen Organismus haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Berlin und München in „Science“ publiziert. Entscheidend war der kombinierte Einsatz von RNA- und computerbasierten Technologien.
Wie werden aus einheitlichen Stammzellen komplexe Körperzellen mit sehr unterschiedlichen Funktionen? Die Differenzierung von Stammzellen in verschiedenste...
University of Connecticut researchers have created a biodegradable composite made of silk fibers that can be used to repair broken load-bearing bones without the complications sometimes presented by other materials.
Repairing major load-bearing bones such as those in the leg can be a long and uncomfortable process.
Polymer-Leuchtdioden (PLEDs) sind attraktiv für den Einsatz in großflächigen Displays und Lichtpanelen, aber ihre begrenzte Stabilität verhindert die Kommerzialisierung. Wissenschaftler aus dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPIP) in Mainz haben jetzt die Ursachen der Instabilität aufgedeckt.
Bildschirme und Smartphones, die gerollt und hochgeklappt werden können, sind Anwendungen, die in Zukunft durch die Entwicklung von polymerbasierten...
Study published in the journal ACS Applied Materials & Interfaces is the outcome of an international effort that included teams from Dresden and Berlin in Germany, and the US.
Scientists at the Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) together with colleagues from the Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) and the University of Virginia...
Anzeige
Anzeige
Internationale Konferenz zur Digitalisierung
19.04.2018 | Veranstaltungen
124. Internistenkongress in Mannheim: Internisten rücken Altersmedizin in den Fokus
19.04.2018 | Veranstaltungen
DFG unterstützt Kongresse und Tagungen - Juni 2018
17.04.2018 | Veranstaltungen
Grösster Elektrolaster der Welt nimmt Arbeit auf
20.04.2018 | Interdisziplinäre Forschung
Bilder magnetischer Strukturen auf der Nano-Skala
20.04.2018 | Physik Astronomie
Kieler Forschende entschlüsseln neuen Baustein in der Entwicklung des globalen Klimas
20.04.2018 | Geowissenschaften