Die Dreiecksspinne – Europäische Spinne des Jahres 2009

Der Präsident der Arachnologischen Gesellschaft und Wissenschaftler am Forschungsinstitut Senckenberg sieht bei dieser Wahl auch für Spinnen-Phobiker einen Silberstreif am Horizont: Die Spinne hat keinerlei Giftdrüsen.

ACHTUNG! – möchte man den Insekten zurufen, die sich in die Nähe des dreieckigen Netzes der Dreiecksspinne, Hyptiotes paradoxus C.L. Koch 1843, wagen. Denn einmal gefangen, ist ein Entrinnen kaum noch möglich. Für 71 Spinnenexperten aus 21 europäischen Ländern ist die hocheffiziente Bauweise des umgestalteten Radnetzes ein wichtiger Grund, die Dreiecksspinne zur „Europäischen Spinne des Jahres“ zu küren, kommentiert Dr. Peter Jäger. Der Präsident der Arachnologischen Gesellschaft und Wissenschaftler am Forschungsinstitut Senckenberg sieht bei dieser Wahl auch für Spinnen-Phobiker einen Silberstreif am Horizont: Die Spinne hat keinerlei Giftdrüsen.

Die Dreiecksspinne ist nur drei bis sechs Millimeter groß. Mit ihren relativ kurzen Beinen und einem dreieckigen gedrungenen Körper wirkt sie eher unscheinbar. Wie alle drei deutschen Vertreter der Familie der Kräuselradnetzspinnen (Uloboridae) kann sie sich perfekt tarnen, so dass sie nur schwer zwischen den trockenen Ästen in Nadelwäldern zu sehen ist. Eher hat man bei einem spätsommerlichen Streifzug durch Fichtenschonungen Chancen das etwas 20 Zentimeter große Netz zu finden. Es ist zwischen die unteren Zweige der Bäume gewebt und schimmert als seidenes Dreieck im Gegenlicht der Sonne.

Die Dreiecksspinne ist von Westeuropa bis Ostasien weit verbreitet. In Deutschland kommt sie hauptsächlich in Mittelgebirgslagen vor, so die Nachweise der Arachnologischen Gesellschaft (www.arages.de). Ihr Gattungsname Hyptiotes („die auf dem Rücken Liegende“, „die Träge“) weist auf ihre Ruheposition hin, in der sie perfekt getarnt ist. Der Artname „paradoxus“ („die Merkwürdige“) zielt auf ihre Besonderheiten ab und macht neugierig. Zu Recht. Denn, sowohl was ihre Fangtechnik als auch ihren Spinnfaden betrifft, ist sie etwas Besonderes.

So hält Hyptiotes bei ihrem Netz auf raffinierte Weise die „Fäden in der Hand“. Sie wartet zwischen dem Signalfaden, der zum Netz führt, und dem Anheftungspunkt des Netzes auf ihre Beute. Das Netz selbst besteht aus nur vier radialen Spinnfäden mit dazwischen gespannten Fangfäden. Sobald ein Insekt in das Netz gerät, verlängert Hyptiotes blitzschnell den Faden hinter sich. Sofort fällt das Netz über der Beute in sich zusammen. Da die Insekten nicht mit Gift betäubt oder getötet werden können, werden sie bis zur Unkenntlichkeit eingesponnen.

Dass für die Beutetiere kein Entrinnen möglich ist, hängt vor allem von der Art der gesponnenen Fäden ab. Zu den gewöhnlich bei Webspinnen vorhandenen meist sechs Spinnwarzen verfügt die Dreiecksspinne noch über ein Spinnsieb, durch das besonders feine Fäden austreten. Sie haben einen Durchmesser von weniger als 0,015 Mikrometer. Diese Besonderheit teilt Hyptiotes mit etwa 50 Spinnenarten in Europa. Mit einer feinen Borstenreihe auf dem letzten Beinpaar, dem sogenannten Kräuselkamm, wird das Gespinst aufgekämmt. So entsteht eine feine Fangwolle, die im Vergleich zu den Leimfäden der Kreuzspinne eine wesentlich höhere Adhäsionskraft hat.

Die Spinnenexperten der Arachnologischen Gesellschaft hoffen, dass die perfekte Tarnung der Dreiecksspinne selbst, ihr besonderes Netz sowie ihr Beutefangverhalten so Manchen neugierig genug machen, die Spinne des Jahres 2009 während ihrer Reifezeit zwischen Juli und Oktober in ihrer Welt zwischen duftenden Fichtennadeln aufzusuchen.

Kontakt:
Dr. Gerlinde Nachtigall
c/o Julius Kühn-Institut (JKI)
Messeweg 11-12
38104 Braunschweig
Fon: 0531 7 299-3204
Pressestelle (at) jki.bund.de
www.jki.bund.de
Dr. Peter Jäger
Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberg
Senckenberganlage 25
60325 Frankfurt
Fon: 069 / 7542-1340
Peter.Jaeger (at)Senckenberg.de

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