Doppelt stark – Multi-tasking Protein eröffnet neue Forschungsansätze für die Entwicklung von Medikamenten gegen Tuberkulose

Weltweit zählt Tuberkulose noch immer zu den größten Bedrohungen für die Gesundheit des Menschen, und sie gehört zu den häufigsten Todesursachen von HIV-Patienten. Da zunehmend mehr multi-resistente Stämme des Mycobacterium tuberculosis auftreten, wird die Suche nach neuen Behandlungsansätzen immer drängender und neue Strategien bei der Entwicklung von Medikamenten werden dringend benötigt.

In der heute veröffentlichten Studie stellen Matthias Wilmanns und seine Arbeitsgruppe am EMBL ein Multitasking-Enzym des Mycobacterium tuberculosis vor, das die chemische Reaktion an zwei unterschiedlichen Molekülen katalysiert. In den meisten Organismen brauchen Zellen zwei spezifische Enzyme, HisA und TrpF, um die zwei lebenswichtigen Aminosäuren Histidin und Tryptophan zu produzieren. Im Mycobacterium tuberculosis hingegen fehlt das kodierende Gen für TrpF.

Dies führt dazu, dass die zwei chemischen Reaktionen von einem einzelnen Enzym ausgelöst werden: Das als PriA bezeichnete Enzym erkennt und bindet an zwei unterschiedliche Substrate.

Am Modell der Mycobacterium tuberculosis Version des PriA-Enzyms konnten die Wissenschaftler den in dieser Bakteriengruppe bislang unbekannten Mechanismus der doppelten Substratbindung genauer erforschen.

“Die dreidimensionale Struktur von PriA ist einzigartig“, kommentiert Wilmanns. „PriA kann durch eine sogenannte substrat-induzierte Umwandlung von der einen chemischen Konformation in die andere Wechseln und somit für beide Substrate eine passende Bindungsstelle anbieten.

Um ihre Beobachtungen zu untermauern, durchsuchten Wilmanns und seine Kollegen zudem eine Datenbank mit 20,000 Wirkstoffkandidaten und konnten dabei einige identifizieren, die zwar beide durch PriA-ausgelöste Reaktionen blockierten, aber keinerlei Wirkung auf die Aktivität von TrpF hatten.

“Wir gehen davon aus, dass gerade die spezifische Eigenschaft von Mycobacterium tuberculosis, zwei Substrate mit nur einem Enzym aktivieren zu können, neue Ansätze für zukünftige Medikamentenentwicklungen bietet“, so Wilmanns. „Diese organismusspezifische Reaktion könnte man sich zu Nutze machen, da hier nur der Erreger, nicht aber nützliche Bakterien angegriffen würden“.

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