Diagnostische Schnelltests im Fluss

Krankheitserreger lassen sich inzwischen ganz gut entlarven, meist dank aufwändiger Labormethoden. Manchmal aber drängt die Zeit oder es ist kein Labor in Reichweite. Auf dem Wunschzettel stehen daher Detektionsmethoden, die tragbar und schnell sind, dabei aber empfindlich, zuverlässig und quantitativ über einen weiten Konzentrationsbereich arbeiten.

Amerikanische Forscher stellen in der Zeitschrift Angewandte Chemie nun einen neuen Ansatz für eine Lab-on-Chip-Methode zum Nachweis von Pathogenen anhand ihres genetischen Materials vor. Das Verfahren arbeitet so empfindlich, dass eine so geringe Menge wie 16 Kopien der DNA von Salmonellen nachgewiesen werden konnten – in weniger als einer Stunde.

Seit Einführung der Polymerase-Kettenreaktion (PCR), einer inzwischen etablierten Methode zur Vervielfältigung genetischen Materials, in die klinische Diagnostik ist der Nachweis einer ganzen Reihe von Keimen wesentlich verlässlicher und empfindlicher geworden. Aber auch die PCR ist eine apparativ und zeitlich aufwändige Labormethode, die spezielle Geräte, exakt eingehaltene Temperaturzyklen mit sukzessiven Reagenszugaben und hoch qualifiziertes Personal benötigt.

Das Team um Kuangwen Hsieh und H. Tom Soh von der University of California (Santa Barbara, USA) wählte für ihren Ansatz eine jüngere Alternative zur PCR, die „loop-mediated isothermal amplification“, kurz LAMP. Sie läuft sehr rasch, sensitiv und selektiv für das gesuchte Pathogen und braucht keine Temperaturzyklen mit Reagenzienzugabe. Das Team integrierte LAMP mit einer elektrochemischen Detektion in Form eines mikrofluidischen Chips zur MEQ-LAMP, der „mikrofluidischen elektrochemischen quantitativen LAMP“.

In einer winzigen Kammer auf dem Chip fertigen Enzyme Kopien der in der Probe enthaltenen DNA an. Als Startpunkt dienen sechs verschiedene Primer – einzelsträngige Teilstücke der Ziel-DNA mit einer Startsequenz für die Enzyme. Methylenblau, ein Farbstoff, der sich in DNA einlagert, dient als elektrochemisches Nachweisreagenz. Zunächst sind die meisten Methylenblau-Moleküle frei in der Lösung und gelangen zu den in der Kammer montierten Elektroden. Werden Spannungszyklen durchlaufen, sorgen Redox-Reaktionen zwischen Elektrode und Methylenblau für einen Stromfluss. Je mehr DNA-Kopien entstehen, desto mehr Methylenblau lagert sich in die Stränge ein und steht an den Elektroden nicht mehr zur Verfügung – die Stromstärke sinkt immer weiter ab. Dies geht umso schneller, je mehr DNA-Stränge des Pathogens in der Probe enthalten waren. Der Zeitpunkt, zu dem der Abfall des Stromsignals maximal ist, lässt sich so gut bestimmen, dass die Forscher ihn zur Quantifizierung der Pathogen-Konzentration heranziehen können.

Ein zukünftiger Chip könnte mehrere Kammern für den parallelen Nachweis verschiedener Krankheitserreger tragen und den Auftakt für die Entwicklung effektiver Schnelltests für eine patientennahe Diagnostik, Lebensmittelsicherheit, Umweltüberwachung und den Schutz gegen biologische Kampfstoffe bilden.

Angewandte Chemie: Presseinfo 12/2012

Autor: H. Tom Soh, University of California, Santa Barbara (USA), http://www.engr.ucsb.edu/sohlab/locations.html

Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201109115

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany

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