Damit sie auch morgen noch zubeißen – Wissenschaftler untersuchen Haifischzähne

Dass die Nano- und Werkstoffwissenschaftler ausgerechnet Haien auf den Zahn fühlen, ist kein Zufall. „Das wollte ich schon lange einmal tun“, betont Matthias Epple, Professor für Anorganische Chemie.

„Wir beschäftigen uns an der UDE seit Jahren mit der Biomineralisation. Dabei geht es um die Frage, was anorganische Mineralien in biologischen Systemen, also Zähnen, Knochen, Muschelschalen, bewirken. Haie besitzen bekanntlich einen Zahnschmelz aus dem sehr harten Mineral Fluorapatit. Bislang hat den aber noch kein Forscher mit modernen High-end-Methoden aus Chemie und Physik analysiert.“

Das haben Epple und sein Düsseldorfer Kollege Professor Dierk Raabe zusammen mit Dr. Oleg Prymak und Joachim Enax nun nachgeholt. Den Großteil der Arbeiten führten sie an der UDE durch. Am Max-Planck-Institut fanden insbesondere die mechanischen Messungen statt.

Für die Studie nahmen die Forscher die Zähne des Kurzflossen-Mako und des Tigerhais buchstäblich auseinander – diese Arten fressen ihr Beutefleisch nämlich unterschiedlich. Mithilfe des Rasterelektronenmikroskops und der Röntgenbeugung schauten sie sich Anordnung, Größe und Natur der Fluorapatit-Kristalle an, über die mechanischen Messungen prüften sie die Härte lokal in kleinen Bereichen.

Obwohl der Mako das Fleisch seiner Beute reißt und der Tigerhai es schneidet, ist der chemische und kristalline Aufbau ihrer Zähne nahezu identisch, stellten Epple und seine Kollegen fest. Im Inneren ist elastisches Dentin, und das Äußere ist hochmineralisiert.

So könnte man eigentlich getrost davon ausgehen, dass Haifischzähne härter sind als unsere. „Menschlicher Zahnschmelz besteht aus einem etwas weicheren Mineral, dem Hydroxylapatit, der übrigens ebenfalls in Knochen vorkommt.“ Doch zur Überraschung der Forscher ergaben die Vergleichsuntersuchungen an einem menschlichen Zahn: Er ist genauso robust wie der des gefürchteten Raubtieres.

„Das liegt an der besonderen Mikro- und Nanostruktur unserer Zähne, in denen Kristallnadeln durch besondere Anordnung und Verkleben mit Proteinen verhindern, dass ein Bruch durch den ganzen Kristall läuft“, so der Professor, der auch dem Center for Nanointegration Duisburg-Essen (CENIDE) der Uni angehört. Die Natur hat das übrigens bei allen Lebewesen ähnlich eingerichtet: Wären Zähne nämlich komplett mineralisch, so drohten sie zu zersplittern.

Ihre Arbeiten setzen die Wissenschaftler nun fort, etwa an Haien unterschiedlichen Alters. Und sie experimentieren damit, die Strukturen nachzubauen – für den Zahnersatz von morgen. „Es wäre toll, wenn man irgendwann Zähne mit einem Material restaurieren könnte, das viel natürlicher ist als die heutigen Behelfslösungen.“

Bis dahin muss sich der Mensch wohl damit abfinden, dass Haie dennoch die besseren Zähne haben: Diese wachsen immer wieder nach und bekommen keine Löcher. „Das mag am Fluorapatit liegen, aber auch am Wechselgebiss, das fortlaufend durch das Meerwasser umspült wird“; sagt Matthias Epple. „Nicht zu vergessen: Haie futtern keinen Zucker.“

Die Forschungsergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe des Journal of Structural Biology, 178 (2012), veröffentlicht.
DOI http://dx.doi.org/10.1016/j.jsb.2012.03.012

Weitere Informationen: Prof. Dr. Matthias Epple, Universität Duisburg-Essen,
Tel. 0201/183-2413, matthias.epple@uni-due.de

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Ulrike Bohnsack idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-due.de

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