Cholera: Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben

Cholera gegen Cholera: Ein internationales Forscherteam fand heraus, dass sich das Andocken des Cholera-Toxins an die Oberfläche von Darmzellen durch einen neuartigen Inhibitor verhindern lässt. (c) Wiley-VCH

Cholera gegen Cholera: Das Andocken des Cholera-Toxins an Zuckermuster auf der Oberfläche von Darmzellen lässt sich durch einen neuartigen Inhibitor verhindern. Ein internationales Forscherteam erläutert das elegante Bauprinzip in der Zeitschrift Angewandte Chemie:

Das Proteingerüst des Inhibitors basiert auf einem inaktiven Cholera-Toxin und ist mit fünf der Zuckermotive als Liganden ausgestattet. So passt der Hemmstoff perfekt in Größe und Anzahl von Bindungen zum ebenfalls fünfbindigen Choleratoxin.

Cholera ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die vor allem über unzureichend aufbereitetes Trinkwasser sowie kontaminierte Lebensmittel übertragen wird. Das eigentliche Pathogen ist ein von den Bakterien freigesetztes Toxin, das Darmzellen angreift und lebensgefährliche Durchfälle verursachen kann.

Cholera-Toxin ist ein Protein aus einer toxischen A- und fünf nichttoxischen B-Untereinheiten (CTB), das in seiner Form an einen Blütenkelch mit fünf Blütenblättern erinnert. Die „Blütenblätter“ sind zwar nicht toxisch, aber sie sind es, die an spezielle Kohlenhydrate, das Zuckermotiv des Glycolipids GM1, auf der Oberfläche der Darmzellen binden und damit die Aufnahme des Toxins einleiten. Jede der fünf B-Untereinheiten besitzt eine spezifische Bindestelle für den speziellen Mehrfachzucker.

Um dem fünfbindigen Cholera-Toxin Einhalt zu gebieten, haben die Wissenschaftler von der University of Leeds (UK), der Universität Wageningen (Niederlande) und der König-Abdulaziz-Universität in Jeddah (Saudi-Arabien) jetzt auch einen fünfbindigen Inhibitor entwickelt. Damit er auch richtig gut zu seinem Gegenspieler passt, haben sie dazu auf das Prinzip „Gleiches mit Gleichem bekämpfen“ zurückgegriffen: Eine inaktive Version der fünf „Blütenblätter“ aus CTB-Untereinheiten dient als Protein-Gerüst des Inhibitors.

Die Forscher um Bruce Turnbull erzeugten eine Mutation in den GM1-Bindestellen der CTB-Untereinheiten, damit der Inhibitor nicht selbst an die Darmzellen bindet. Zudem wurde eine spezielle Seitengruppe jedes „Blütenblatts“ chemisch so verändert, dass sie eine Kupplungsreaktion eingehen können, mit der anschließend fünf Liganden über bewegliche Abstandhalter angeknüpft wurden.

Die Wahl des Liganden fiel dabei auf den idealen Bindungspartner: das Zuckermotiv des Glycolipids GM1. Der Vorteil des Ansatzes besteht darin, dass der Inhibitor dem Toxin fünf Liganden präsentiert, die in genau den gleichen Abständen zueinander vorliegen wie die fünf Bindestellen des Toxins – das perfekte Gegenstück also. Entsprechend hoch ist die Wirksamkeit des neuen fünfbindigen Inhibitors für sein Zielmolekül.

Während die Synthese des Zuckermotivs zwar relativ kompliziert ist, kann das Proteingerüst auch in großtechnischem Maßstab leicht gentechnisch hergestellt, auf einfache Weise chemisch modifiziert und mit den Zuckern bestückt werden. Die Forscher hoffen, dass sich nach diesem Bauprinzip weitere mehrbindige Inhibitoren für andere Protein-Kohlenhydrat-Wechselwirkungen entwickeln lassen.

Angewandte Chemie: Presseinfo 26/2014

Autor: W. Bruce Turnbull, University of Leeds (United Kingdom), http://www.chem.leeds.ac.uk/People/Turnbull.html

Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201404397

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