Brandpilz schaltet Pflanzenabwehr aus

Mit Ustilago maydis infizierter Maiskolben.<br>Jan Schirawski<br>

Erreger von Pflanzenkrankheiten sind in der Landwirtschaft gefürchtet. Besonders in den heutigen großflächigen Monokulturen können sie sich rasant ausbreiten und zu massiven Ernteverlusten führen.

Für eine erfolgreiche Infektion müssen die Erreger jedoch verschiedene Abwehrmechanismen ihrer Wirtspflanzen überwinden. Forscher des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie in Marburg haben zusammen mit Kollegen aus mehreren anderen Max-Planck Instituten und Universitäten am Beispiel des Maisbrand-Erregers Ustilago maydis herausgefunden, wie Pflanzenschädlinge den Stoffwechsel der Maiszellen für ihre eigenen Zwecke umlenken und die Zellen infizieren können.

Der Pilz sondert dazu einen Cocktail aus Eiweißen ab. Eines davon ist das Enzym Cmu1, eine Chorisminsäure-Mutase. Damit programmiert der Pilz den pflanzeneigenen Stoffwechsel um und dämpft die Abwehr der befallenen Pflanze. Ähnliche Enzyme werden auch von vielen anderen Pflanzenschädlingen gebildet. Dieser Mechanismus könnte daher ein verbreitetes Werkzeug zur Infektion von Pflanzen sein.

Cmu1 ist Komponente des so genannten Shikimisäure-Stoffwechselwegs, über den Pflanzenzellen aus dem Ausgangsstoff Chorisminsäure die für Menschen und Tiere essenziellen Aminosäuren Tyrosin und Phenylalanin herstellen. Außerdem wird aus der Chorisminsäure ein wichtiger Abwehrstoff der Pflanzen gebildet – die Salizylsäure. Die Marburger Forscher haben nun entdeckt, dass die schon lange umfassend untersuchten Chorisminsäure-Mutasen in Pflanzenschädlingen eine völlig neue Funktion besitzen.

Den Wissenschaftlern zufolge gibt der Maisbranderreger verschiedene Eiweiße an die Pflanzenzellen ab, darunter Cmu1. „Cmu1 lenkt den Shikimisäureweg der Pflanze so um, dass die Zellen weniger Salizylsäure produzieren. Das Enzym greift also direkt in den Stoffwechsel der Pflanze ein und untergräbt ihre Erregerabwehr“, sagt Regine Kahmann vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie. Cmu1 gelangt über natürliche Zellverbindungen auch in Nachbarzellen und programmiert diese auf die Bedürfnisse des Pilzes um, noch bevor sie vom Pilz befallen werden. „Cmu1 ist aber nur eines von vielen Proteinen, mit denen der Pilz die Pflanze traktiert. Er verfolgt also sicher noch andere Strategien, um die Pflanzenabwehr zu überwinden“, so Armin Djamei, der gemeinsam mit Kerstin Schipper Erstautor der Publikation ist. So besitzt der Erreger zwei Gene für Enzyme, die Salizylsäure unschädlich machen können.

Die Forscher haben Gene für ausschüttbare Chorisminsäure-Mutasen fast ausschließlich bei Pflanzenschädlingen gefunden, die wie Ustilago maydis auf lebendes Pflanzengewebe angewiesen sind. „Offenbar überlisten auch viele andere Mikroorganismen aus dieser Gruppe Pflanzen auf diese Weise. Wenn wir verhindern, dass Krankheitserreger den Pflanzenstoffwechsel mit ihren Chorisminsäure-Mutasen manipulieren, hätten wir möglicherweise einen wirkungsvollen neuen Ansatz, um Ernteausfälle in der Landwirtschaft zu verringern“, sagt Regine Kahmann.

Originalveröffentlichung:
Metabolic priming by a secreted fungal effector
Armin Djamei , Kerstin Schipper, Franziska Rabe, Anupama Ghosh, Volker Vincon, Jörg Kahnt, Sonia Osorio, Takayuki Tohge, Alisdair R. Fernie, Ivo Feussner, Kirstin Feussner, Peter Meinicke, York-Dieter Stierhof, Heinz Schwarz, Boris Macek, Matthias Mann, Regine Kahmann

Nature, 6. Oktober 2011

Kontakt:
Prof. Dr. Regine Kahmann
Max Planck Institut für terrestrische Mikrobiologie, Marburg
Telefon: +49 6421 178-501
Fax: +49 6421 178-509
E-Mail: kahmann@mpi-marburg.mpg.de

Media Contact

Dr Harald Rösch Max-Planck-Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://www.mpi-marburg.mpg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Der Klang der idealen Beschichtung

Fraunhofer IWS transferiert mit »LAwave« lasergestützte Schallanalyse von Oberflächen in industrielle Praxis. Schallwellen können auf Oberflächen Eigenschaften verraten. Parameter wie Beschichtungsqualität oder Oberflächengüte von Bauteilen lassen sich mit Laser und…

Individuelle Silizium-Chips

… aus Sachsen zur Materialcharakterisierung für gedruckte Elektronik. Substrate für organische Feldeffekttransistoren (OFET) zur Entwicklung von High-Tech-Materialien. Wie leistungsfähig sind neue Materialien? Führt eine Änderung der Eigenschaften zu einer besseren…

Zusätzliche Belastung bei Knochenmarkkrebs

Wie sich Übergewicht und Bewegung auf die Knochengesundheit beim Multiplen Myelom auswirken. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert ein Forschungsprojekt der Universitätsmedizin Würzburg zur Auswirkung von Fettleibigkeit und mechanischer Belastung auf…

Partner & Förderer