Bei der Getreidezüchtung stehen immer noch Futterwert und Backfähigkeit im Vordergrund. Doch der Markt für Biokraftstoffe wächst. Die Brennereien, die aus Weizen, Roggen und Triticale Industrie-Alkohol für Biokraftstoffe destillieren, stellen aber andere Ansprüche an die Pflanzen als Viehhalter, Müller oder Bäcker.
Damit Brennerei-Besitzer in Zukunft besser beurteilen können, was das angelieferte Getreide für ihre Zwecke taugt, entwickeln Forscher der Universität Hohenheim ein neues Prüfverfahren, das auch den Getreidezüchtern wichtige Informationen für die Sortenentwicklung liefern soll.
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz fördert ihr Vorhaben mit über 366.000 Euro. Damit gehört es zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.
Züchter konzentrieren sich bisher auf Getreidesorten, die sich als sättigendes Futtermittel eignen, oder einen backfähigen Teig und wertvolles Brot liefern. Wenn es darum geht, Industrie-Alkohol – kurz: Ethanol – herzustellen, ändern sich die Qualitätsansprüche. Dann sind Weizen, Roggen und Triticale – eine Kreuzung aus Weizen und Roggen – züchterisch für diese Verwendung nicht ausgelegt und optimiert. „Der Eiweißgehalt ist viel zu hoch“, erklärt Prof. Dr. Ralf Kölling-Paternoga, Leiter des Fachgebiets Gärungstechnologie an der Universität Hohenheim.
Anstelle des Eiweißes ist zur Vergärung Stärke gefragt – je mehr, desto besser. „Die Stärke muss aber leicht freisetzbar sein und sich leicht in Zuckerverbindungen umsetzen lassen“, erklärt PD Dr. Thomas Senn vom Fachgebiet Gärungstechnologie. „Den Zucker vergären dann Hefe-Kulturen zu Ethanol.“
Spezielles Gerät soll Getreide in Brennereien abtasten
Das Gerät liefert allerdings sehr viele Informationen, von denen die relevanten anschließend noch herausgefiltert werden müssen. „Nur ein kleiner Teil davon ist nötig, um Aussagen darüber treffen zu können, ob sich das Getreide zur Ethanol-Produktion eignet“, erklärt der Wissenschaftler.
Ein statistisches Verfahren soll die relevanten Informationen zusammentragen und auswertbar machen. „Wir müssen dem Programm aber erst noch beibringen, welche Informationen es auswählen soll“, fasst PD Dr. Senn seine Forschungsarbeit zusammen.
Untersuchungen erleichtern die Zuchtauswahl beim Ethanol-Getreide
Dabei helfen Feldversuche an drei verschiedenen Standorten: auf der Versuchsstation Ihinger Hof nahe Stuttgart, in der Gegend um Braunschweig und im mecklenburgischen Vipperow. „Damit decken wir gleich mehrere Standorte mit unterschiedlichem Klima und verschiedenen Bodenarten ab“, so PD Dr. Senn.Das geerntete Getreide testet der Wissenschaftler dann in der Forschungs- und Lehrbrennerei der Universität Hohenheim. PD Dr. Senn analysiert den Gehalt der vergärbaren Substanz und ermittelt, wie viel Ethanol sich aus den Getreideproben destillieren lässt. Daraus ergeben sich die Parameter, die der Nahinfrarot-Spektrometer später erfassen und darstellen soll. Voruntersuchungen haben gezeigt: Während auf den meisten Böden Triticale die beste Ethanol-Ausbeute bringt, ist auf schlechten Böden Roggen, auf sehr guten Böden Weizen am effektivsten.
Die Versuchsergebnisse sind auch eine große Hilfe für Ethanolgetreide-Züchter. Denn die Untersuchungen von PD Dr. Senn erleichtern ihnen die Zuchtauswahl. Wenn es dann in einigen Jahren neue Getreidesorten gibt, die genau auf die Bedürfnisse der Ethanolgewinnung abgestimmt sind, wird die Nahinfrarot-Spektroskopie in den Brennereien aber nicht überflüssig: „Je nach Boden und Klima wird es weiterhin regionale Schwankungen bei der Qualität geben“, erklärt der Experte, „und die wiederum bestimmt den Preis.“
Hintergrund: Forschungsprojekt Bioethanolgetreide
Mit vollem Namen heißt das Forschungsprojekt „Praxisangepasste Nutzung der Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) für die Ethanolgetreidezüchtung und -verarbeitung“. Es ist im September 2012 angelaufen und geht drei Jahre. Projektleiter ist PD Dr. Senn. Beteiligt sind außerdem von der Universität Hohenheim Prof. Dr. Iris Lewandowski, Leiterin des Fachgebiets Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen sowie die Landessaatzuchtanstalt, das Julius Kühn-Institut in Braunschweig, das Bundessortenamt und die Gemeinschaft zur Förderung der privaten deutschen Pflanzenzüchtung e.V. (GFP). Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unterstützt das Forschungsprojekt mit mehr als 366.000 Euro.
Hintergrund: Schwergewichte der Forschung
Rund 27 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim im vergangenen Jahr für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit einem Drittmittelvolumen von mindestens 250.000 Euro bei den Experimental- bzw. 125.000 Euro bei den Buchwissenschaften.Text: Weik / Klebs
Kontakt für Medien:
Florian Klebs | idw
Weitere Informationen:
http://www.uni-hohenheim.de
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