Bio trifft Nano

Unsere Versuche, Sonnenenergie zu nutzen, sind bisher noch sehr ineffektiv. Wahre Meister in dieser Disziplin sind dagegen photosynthetische Pflanzen, Algen und Bakterien. Die Wissenschaft versucht, diesen Organismen nachzueifern.

Igor Nabiev vom NanoGUNE Forschungszentrum in San Sebastian (Spanien), Alexander O. Govorov von der Ohio University (USA), John Donegan vom Trinity College Dublin (Irland), und ein Team aus spanischen, irischen, französischen und russischen Wissenschaftlern haben jetzt einen neuen Ansatz zur Steigerung der Lichtausbeute entwickelt.

Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, gelang es ihnen, das photosynthetische Reaktionszentrum einer Purpur-Alge mit einem Quantenpunkt, einem anorganischen Nanokristall, als „Antenne“ zum Einfangen von Licht auszustatten.

In Organismen ist der erste Schritt der Photosynthese die Absorption des Lichtes durch eine „Antenne“, einem Komplex aus Proteinen und Pigmenten, der durch die Lichtenergie in einen elektronisch angeregten Zustand gelangt. Das „Energiepaket“ kann nun an spezielle Chlorophyll-Cofaktoren im so genannten Reaktionszentrum des Photosyntheseapparates „weitergereicht“ werden.

Dort werden sie letztendlich genutzt, um die zellulären Energiespeicher, wie ATP, herzustellen. Das „Weiterreichen“ der Energiepakete läuft über einen speziellen strahlungslosen Vorgang namens „Förster-Resonanzenergietransfer“ (FRET), bei dem elektronische Zustände von „Absender“ und „Empfänger“ des Energiepakets im „Gleichklang“ schwingen müssen.

Auch ein künstliches Photosynthese-System muss eine Antenne für die effiziente „Ernte“ von Lichtteilchen haben, die zudem in der Lage ist, die Energiepakete per FRET weiterzureichen. Bisherige künstliche Antennen, organische Farbstoffmoleküle, hatten den Nachteil, dass sie einen viel zu schmalen Wellenlängenbereich des Sonnenlichts einfangen. Außerdem sind sie unter längerer Bestrahlung nicht stabil. Die Idee war nun, statt organischer Moleküle fluoreszierende anorganische Quantenpunkte als Antennen zu verwenden. Quantenpunkte sind nanoskopische Kristalle, die so winzig sind, dass sie sich in vielen Aspekten wie Moleküle verhalten, nicht wie makroskopische Festkörper.

Die elektronischen und optischen Eigenschaften von Quantenpunkten, etwa welche Wellenlängen sie absorbieren, lassen sich in weiten Bereichen maßschneidern, da diese von deren Größe, Form und Zusammensetzung abhängen. Die Forscher wählten Quantenpunkte aus Cadmiumtellurid und Cadmiumselenid, die unter Beleuchtung fluoreszieren; dabei bleiben sie auch langfristig stabil. Größe und Oberflächenbeschaffenheit der Quantenpunkte wurden so gewählt, dass diese einen besonders breiten Bereich des Sonnenlichts einfangen können.

Es gelang den Forschern, die Antennen-Quantenpunkte an das Reaktionszentrum aus dem photosynthetischen System von Purpurbakterien zu kuppeln. Unter Bestrahlung fluoreszieren die Quantenpunkte nun nicht mehr, sondern geben die aufgenommene Energie wie gewünscht per FRET an das Reaktionszentrum weiter. Der neue Ansatz könnte den Weg zu neuartigen künstlichen photosynthetischen Systemen ebnen.

Angewandte Chemie: Presseinfo 36/2010

Autor: Igor Nabiev, CIC NanoGUNE Consolider San Sebastian (Spain), http://www.nanogune.eu/en/research/nanobiotechnology/people/

Angewandte Chemie 2010, 122, No. 40, 7375–7379, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201003067

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany

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