Bienensterben: Wildbienen stecken sich offenbar direkt bei Honigbienen an

Das bedeutet, dass eine Ursache für das zunehmende Sterben von Wildbienen in Krankheiten liegen könnte, die von Honigbienen verbreitet werden. Britische Wissenschaftler konnten unter Beteiligung von Prof. Dr. Robert Paxton, Institut für Biologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, zeigen, dass es eine direkte Übertragung dieser Krankheiten geben könnte. Die Ergebnisse, die auf Untersuchungen in Großbritannien basieren, wurden in „Nature“ veröffentlicht.

Weltweit ist der Bestand an Bienen rückläufig. Aufgrund ihrer zentralen Rolle bei der Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen versuchen Wissenschaftler weltweit die Hintergründe dieser Entwicklung zu verstehen. Die Studie, die nun in „Nature“ veröffentlicht ist, entstand unter Federführung der Royal Holloway University of London und unter Beteiligung der MLU und iDiv sowie der University of Exeter (England). Für die Studie wurden typische Krankheiten aus der Bienenzucht darauf untersucht, ob deren Übertragung von Honigbienen auf Hummeln möglich ist. Es zeigte sich, dass sowohl das Krüppelflügelvirus (Deformed Wing Virus) als auch der parasitäre Pilz Nosema ceranae – die beide für Honigbienen äußerst schädlich sind – in der Lage sind, Hummel-Arbeiterinnen zu infizieren und im Fall des Krüppelflügelvirus auch deren Lebenserwartung zu verkürzen.

Die Studie ist die erste Arbeit zur örtlich übergreifenden Bestimmung der Epidemiologie dieser Krankheiten. Für sie wurden in 26 Orten in ganz Großbritannien Honigbienen und Hummeln gesammelt und diese auf Befall mit dem Krüppelflügelvirus und dem Pilz Nosema ceranae untersucht. Landesweit waren Virus und Pilz unter Hummeln wie Honigbienen weit verbreitet. „Deutlich wurde dabei sogar, dass sich das Krüppelflügelvirus, eine der weltweit häufigsten Ursachen für das Sterben von Honigbienen, nicht nur weit verbreitet unter Hummeln ist, sondern sich in ihnen sogar repliziert. Hummeln sind tatsächlich nicht nur passive Träger des Virus. Sie werden angesteckt und sterben an dem Virus“, erklärt Prof. Dr. Robert Paxton.

Die Forscher untersuchten auch die Verbreitung der Krankheiten und die genetischen Gemeinsamkeiten des Krüppelflügelvirus in verschiedenen Populationen. Drei Faktoren wiesen dabei darauf hin, dass Honigbienen die Parasiten auf Hummeln übertragen. So ist 1) unter Honigbienen die Belastung mit dem Virus und dem Pilz höher als unter Hummeln. 2) Konnte die Infektion der Hummeln anhand von Mustern der Honigbieneninfektion prognostiziert werden. Und 3) waren bei Honigbienen und Hummeln am selben Ort auch die genetischen Stämme des Virus gleich.

„Seit 2006 wissen Naturwissenschaftler, dass das Krüppelflügelvirus nicht nur in Honigbienen, sondern auch in anderen pollensammelnden Insekten in Deutschland, England und Nordamerika vorhanden ist. Nun haben wir das Gewicht an Beweisen für eine Übertragung von Honigbienen zu anderen Bienenarten – zumindest in Bezug auf das tödliche Krüppelflügelvirus“, sagt Robert Paxton.

Die neue Studie zeigt, dass unter wilden Bienen und Nutzbienenvölkern die selben Erreger grassieren. Infizierte Honigbienen können auf besuchten Blüten Spuren der Krankheit, etwa eine Pilzspore oder einen Viruspartikel, hinterlassen, die dann Wildbienen infizieren. „Die Ergebnisse legen nahe, dass dringend Empfehlungen für die Praxis ausgesprochen werden müssen, um wilde und von Imkern gezüchtete Bienen besser vor diesen verheerenden Krankheiten zu schützen, weil beide eine unerlässliche Rolle als Bestäuber von vielen Wild- und Kulturpflanzen spielen“, sagt Robert Paxton. Zumeist gingen Behörden weltweit davon aus, dass die Krankheiten lediglich eine Bedrohung für Honigbienen darstellen. Diese Annahme sei falsch. Richtlinien zum Umgang mit diesen Krankheiten müssten auch die Bedrohungen für wilde Bienen berücksichtigen, so Paxton weiter.

Publikation:
„Disease associations between honeybees and bumblebees as a threat to wild pollinators.“
Autoren: Matthias Fürst, Dino McMahon, Juliet Osborne, Robert Paxton und Mark Brown

Nature, 19.02.2014; DOI: 10.1038/nature12977

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Manuela Bank-Zillmann idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-halle.de

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