Genom eines Tumors entschlüsselt

Einem internationalen Wissenschaftsteam um Matthew Meyerson vom Broad-Institute am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Harvard Universität in Cambridge ist es erstmals gelungen, die genetischen Veränderungen eines humanen Tumors zu kartieren. Die Forscher konnten dabei die Anzahl der Genkopien auf den Chromosomen von normalen und entarteten Zellen miteinander vergleichen. Mitgestaltet und finanziert wurde das Projekt an dem auch Wissenschaftler aus Deutschland und Japan mitarbeiteten durch das National Human Genome Research Institute und durch das National Cancer Institute. Die Studie wurde im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht.

„Diese Arbeit ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer Vertiefung des Verständnisses über die Biologie von Krebserkrankungen“, so Studien-Co-Autor Roman Thomas, Leiter einer selbstständigen Nachwuchsgruppe am Kölner Max-Planck Institut für Neurologische Forschung http://www.nf.mpg.de . „Die systematische Dechiffrierung des Krebsgenoms ist der erste Schritt zu diesem Verständnis.“ Da sehr viele unterschiedliche Tumore untersucht worden seien und das experimentelle Vorgehen auch sehr kleine Genveränderungen sichtbar gemacht habe, könnte sich diese Studie als Standard für weitere Untersuchungen etablieren, berichtet die Max-Planck-Gesellschaft.

Das Forscherteam hat mehr als 500 Biopsieproben von Patienten mit einem Adenokarzinom der Lunge gesammelt und mit so genannten SNP-arrays untersucht. Diese Methode ermöglicht es, mithilfe von Sonden fast 250.000 Positionen auf dem Genom abzutasten. Neben bereits bekannten genetischen Veränderungen fanden die Wissenschaftler auch zahlreiche bisher unbekannte. Die Forscher konnten etwa eine hochgradige Vervielfältigung eines Gens namens TITF1 feststellen, das für einen Lungen-Entwicklungsfaktor kodiert. Genetisch veränderte Mäuse, denen TITF1 fehlt, weisen schwere Störungen in der Lungenentwicklung auf. Um die Funktion von TITF1 genauer zu verstehen, schalteten die Wissenschaftler es in den Tumoren mit einer erhöhten Anzahl an Kopien aus. Als Folge wuchsen die Tumorzellen schlechter und bildeten keine Kolonien mehr. Offenbar begünstigt die Vervielfältigung von TITF1 im Tumor das Tumorwachstum. Da diese Mutation in etwa zwölf Prozent der untersuchten Tumorproben vorhanden war, könnten einige Patienten mit einem Adenokarzinom der Lunge von einer therapeutischen Hemmung des TITF1-Gens profitieren.

An der Untersuchung nahmen Onkologen, Pathologen, Biostatistikern, Molekular- und Zellbiologen und Genomforscher teil. In einem ähnlich groß angelegten Projekt sollen in Zukunft bis zu 1000 menschliche Lungentumore genomweit untersucht werden. „Unser neues Konsortium baut ganz wesentlich auf den Erfahrungen der nun veröffentlichten Studie auf. Wir versprechen uns von der gemeinsamen Untersuchung klinischer und genetischer Variablen, Patienten in Zukunft gezielter behandeln zu können.“ Erklärtes Ziel ist es, die Genomforschung direkt ans Krankenbett zu bringen. Technologisch und konzeptionell sind die Weichen hierfür nun bereits gestellt.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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