Bonner Biologe entdeckt unerwartete Vielfalt unter Waranen in Indonesien

Zu diesen gehört auch die größte Echse der Welt – der bekannte Komodowaran. André Koch, Doktorand des Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig (ZFMK), war mehrfach in Indonesien unterwegs, um spannende Forschungsergebnisse zusammen zutragen. So fand er eine unerwartete Vielfalt unter den Waranen von Sulawesi (ehemals Celebes).

„Gerade in Indonesien mit seinen tausenden von Inseln findet man noch viele weiße Flecken auf der zoologischen Landkarte“, berichtet der Bonner Diplom-Biologe André Koch (30), der seine Doktorarbeit über die Reptilien der zentralindonesischen Region am renommierten Forschungsmuseum Alexander Koenig unter der Anleitung von Prof. Dr. Wolfgang Böhme anfertigt. Erste grundlegende Ergebnisse sind in einem kürzlich erschienenen Artikel publiziert (Koch et al. 2007).

Seine systematischen Untersuchungen inmitten des Indonesischen Archipels ergaben, daß alleine in dem Gebiet um Sulawesi mindestens fünf verschiedene Formen von Bindenwaranen vorkommen (siehe Abb. unten). Sie alle waren der Wissenschaft bisher nicht bekannt. Das besondere an den Funden ist, dass nicht nur auf den kleinen vorgelagerten Inseln, sondern auch auf Sulawesi selbst

mehrere unterschiedliche Warane leben, die sich in ihren Verbreitungsgebieten jedoch nicht zu überlappen scheinen.

„Ein klares Beispiel von allopatrischer Artbildung, bei der die geographische Trennung von Populationen eine entscheidende Rolle spielt“, so der angehende Wissenschaftler. „Solche Muster findet man auch bei anderen Tieren, wie etwa den Affen von Sulawesi. Durch die Kombination verschiedener Indizien, lassen sich begründete Rückschlüsse auf die geologische Vergangenheit der Insel

ziehen. Wir haben großen Anlass zur Vermutung, dass Sulawesi während erdgeschichtlicher Warmphasen infolge erhöhter Meeresspiegel in kleinere Inseln zerteilt wurde. Die damals isolierten Populationen durchliefen daraufhin eine eigenständige Entwicklung, die zu den unterschiedlichen Formen führte. Dass es nach dem Absinken der Meeresspiegel nicht zu einer erneuten Vermischung kam, lässt vermuten, dass sich bereits neue Arten gebildet hatten, die sich nicht mehr mit einander fortpflanzen können. Oder der Zeitraum seit der geographischen Wiedervereinigung war einfach zu kurz.“

Um seine Daten zu erhalten, sind dem jungen Forscher keine Mühen zu groß. Dass in Indonesien komplett andere Bedingungen herrschen als in der rheinischen Heimat, hat er am eigenen Leibe erfahren. Zum einen ist das meist heißfeuchte Klima eine große körperliche Belastung. Zum anderen sind die Verkehrswege nicht so gut erschlossen wie in Europa.

Da muss man auch mal eine Schifffahrt von über zwanzig Stunden bei schaukelndem Wellengang in Kauf nehmen, um entlegene Eilande zu erreichen. Oder stundenlang bei überhöhtem Tempo auf dem Rücksitz eines Kleinbusses wie auf dem Rücken eines wildgewordenen Hirsches durch die kurvenreiche Landschaft rasen.

Eine harte Bewährungsprobe auch für Evy Arida (33), die indonesische Kooperationspartnerin des Projektes vom Zoologischen Museum in Bogor auf Java. Sie begleitete André Koch während seiner beiden ersten Reisen quer über die Insel. „Alleine ist eine solche Aufgabe nicht zu bewältigen. Schon gar nicht wenn man kein Indonesisch spricht“, sagt der Biologe lächelnd. „Mittlerweile weiß ich mir zu helfen, aber es macht schon einen großen Unterschied, wenn man einen Einheimischen zur Seite hat. Die Menschen sind dann noch hilfsbereiter und gastfreundlicher. Es war wirklich überwältigend, wie selbstverständlich uns auf entlegenen Inseln Unterkunft und Verpflegung angeboten wurden.

Ohne die tatkräftige Unterstützung der einheimischen Bevölkerung hätte ich meine Daten niemals erheben können. Zum Fangen der großen Warane bedarf es nämlich erst einiger Übung im Fallenstellen“, erzählt der angehende Wissenschaftler, dessen Arbeit durch ein Promotionsstipendium des Evangelischen Studienwerkes e.V. Villigst finanziert wird. Dankbar ist er auch den anderen Institutionen, die seine Arbeit finanziell unterstützt haben. Denn ohne die nötigen Gelder wäre ein solches Projekt ebenfalls nicht zu realisieren, gibt er in Hinblick auf das absehbare Ende seines Stipendiums im kommenden Jahr zu bedenken.

Als Nachwuchswissenschaftler weiß André Koch jedoch auch, dass wie in allen Gebieten der Tropen auch in Indonesien die Artenvielfalt akut bedroht ist. Kein Wunder, denn eine viertel Milliarde Menschen leben auf den indonesischen Inseln – die vierthöchste Einwohnerzahl weltweit! Der natürliche dichte Urwald ist vielerorts Kokosnussplantagen und Reisfeldern gewichen. Der junge Biologe hat es mit eigenen Augen gesehen, denn bereits zum dritten Mal kehrte er diesen Monat von einer Forschungsreise nach Indonesien heim. In den vergangenen zwei Jahren verbrachte der Doktorand für seine Arbeit insgesamt über sechs Monate in der Region um Sulawesi. „Diese Kokosnusspalmen sind die reinste Seuche; eine Monokultur wie unsere einheimischen Fichtenwälder“, erzählt der Diplom-Biologe kritisch, der sein Studium an der Universität in Bonn absolviert hat. Aus diesem Grund stellen seine systematischen Untersuchungen die Grundlage für zukünftige Naturschutzprojekte dar. Denn nur was der Mensch kennt, kann er auch erfolgreich schützen!

Literatur:
Koch, A., M. Auliya, A. Schmitz, U. Kuch & W. Böhme (2007). Morphological Studies on the Systematics of South East Asian Water Monitors (Varanus salvator Complex): Nominotypic Populations and taxonomic Overview. In: Advances in Monitor Research III. H.-G. Horn, W. Böhme & U. Krebs (Eds.). Mertensiella, 16: 109-180
Ansprechpartner:
Dipl.- Biol. André Koch
Museum Koenig
'Herpetologie'
Adenauerallee 160
53113 Bonn
Tel. 0228 9122 277
E-Mail: andrepascalkoch@web.de

Media Contact

Sabine Heine idw

Weitere Informationen:

http://www.museumkoenig.uni-bonn.de/

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