Forscher entwickeln pilztötende Oberflächen für Medizinprodukte

Forscher der Universität Basel und des Massachusetts Institute of Technology haben nun ein Verfahren beschrieben, das Medizinprodukte mit einer pilztötenden Oberfläche ausstatten könnte. Ihre Forschungsergebnisse werden heute von der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht.

Blitzblank sehen sie aus, die Nadeln von Kathetern und Infusionen, die für die moderne medizinische Behandlung grundlegend sind. Doch kommt es immer wieder vor, dass Bakterien oder Pilze durch die Haut in den Körper des Patienten gelangen und sich auf dem körperfremden Material ablagern. Pilze finden dort ein ideales Wachstumsklima vor, sie verändern ihre Form und umgeben sich mit einem schützenden Biofilm. Ein pilzbefallener Katheter muss aus dem Körper entfernt werden, bevor die Pilzzellen Infektionen auslösen und in den Blutkreislauf gelangen können, was eine intensive, teure Behandlung bedingt und für den Patienten schnell tödlich enden kann.

Nicht immer aber will und kann man einen Katheter entfernen. Ideal wären deshalb Materialien, auf denen sich Mikroorganismen gar nicht erst festsetzen können, oder Beschichtungen, die Pilze bei Kontakt sofort abtöten. Letzteres haben nun Forscher vom Biozentrum der Universität Basel und vom Massachusetts Institute of Technology entwickelt.

Als Grundlage des pilzfeindlichen Materials dient ein Polymer aus Zuckermolekülen, ein so genanntes Dextran-Hydrogel, das grosse Mengen Wasser aufnehmen und speichern kann. Dextran-Hydrogele sind für die gute Verträglichkeit mit dem menschlichen Gewebe bekannt. Das Material ist zunächst flüssig und kann in jede beliebige Form gegossen werden. Wird es dann mit UV-Licht bestrahlt, entsteht ein stabiles Polymer.

Das Dextran-Hydrogel haben die Forscher anschliessend mit Amphotericin B versetzt – ein Wirkstoff, der seit gut vierzig Jahren als Medikament zur Behandlung von Pilzinfektionen bei Menschen verwendet wird. Im Gegensatz zu anderen Antibiotika wirkt Amphotericin B derart drastisch auf die Membran eines Pilzes, dass nur vereinzelte Pilzstämme dagegen resistent sind.

Amphotericin B ist in Wasser praktisch unlöslich, löst sich jedoch gut in bestimmten organischen Lösemitteln. Um den Wirkstoff zu binden, tauchten die Forscher das Dextran-Polymer in eine Lösung mit Amphotericin B, in der das Polymer das Medikament wie ein Schwamm aufsaugte. Danach wurde das organische Lösungsmittel mit Wasser ausgewaschen, während der Wirkstoff Amphotericin B im Dextran-Hydrogel gefangen blieb.

Mit dieser einfachen Technik konnten nun so genannte Amphogel-Oberflächen hergestellt werden, die dieselben pilztötenden Aktivitäten zeigen wie das ungebundene Medikament. Da sich praktisch kein Amphotericin B aus dem Zuckerpolymer löst, blieb ein negativer Effekt beim Kontakt mit menschlichem Blut aus. Dies ist erstaunlich, da Amphotericin B für seine starken Nebeneffekte bekannt ist.

Zellen des Hefepilzes Candida albicans, die mit dem Amphogel in Berührung kamen, starben innert kürzester Zeit: Eine Kolonie von 10 Mio. Zellen war nach zwei Stunden dahingerafft. Dieser Effekt konnte auch in einem Tiermodell verifiziert werden: In Mäuse implantierte infizierte Dextran-Polymere waren nach wenigen Tagen vollständig mit Pilz-Biofilmen überwachsen, während die Amphogel-Oberfläche keine Anzeichen von Pilzbefall zeigte.

Amphogel kann sehr einfach und kostengünstig hergestellt werden. Das Material ist stabil und verliert auch nach vielfachen Anwendungen nichts von seiner Wirkung. Oberflächen, die mit diesem Material beschichtet wurden, könnten in Zukunft viele Leben retten.

Weitere Auskünfte

Dr. Andreas Zumbühl, Universität Basel, Biozentrum, Klingelbergstrasse 50/70, 4056 Basel, Tel. +41 61 267 21 92, E-Mail: A.Zumbuehl@unibas.ch

Originalbeitrag: Andreas Zumbuehl, Lino Ferreira, Duncan Kuhn, Anna Astashkina, Lisa Long, Yoon Yeo, Tiffany Iaconis, Mahmoud Ghannoum, Gerald R. Fink, Robert Langer, and Daniel S. Kohane
Antifungal hydrogels
PNAS, published online before print July 30, 2007, | doi: 10.1073/pnas.0705250104

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Reto Caluori idw

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