Genetische Ursache für Herzinfarkt entdeckt

Die NGFN-Wissenschaftler analysierten zusammen mit deutschen, britischen und französischen Kollegen die genetischen Daten von knapp 3.000 Patienten und 4.500 gesunden Probanden aus zwei unabhängigen genomweiten Analysen zu koronarer Herzkrankheit und Herzinfarkt.

Es handelt sich um die derzeit größte publizierte Studie dieser Art. Dabei ermittelten sie mehrere Regionen auf den Chromosomen, die allein oder im Zusammenspiel mit anderen, das Risiko für koronare Herzerkrankungen und Herzinfarkt erhöhen können. „Wir analysierten kleine Varianten im Genom, sogenannte SNPs. Bei diesen genetischen Mutationen ist jeweils nur ein einzelner Genbuchstabe an einer bestimmten Stelle des Erbguts verändert“, erklärt Dr. Jeanette Erdmann, Leiterin des Molekulargenetischen Labors der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein.

„Eine dieser genetischen Varianten, die sich in einem bestimmten Bereich des Chromosoms 9 befindet, verdoppelt das Herzinfarktrisiko, wenn beide Kopien des Chromosoms betroffen sind.“ In dieser Region liegen Gene, die eine Rolle bei der Regulation des Zellwachstums spielen. Ein unkontrolliertes Wachstum von Gefäßzellen ist unter anderem an der Entstehung einer Arteriosklerose beteiligt.

„Insgesamt fanden wir auf unterschiedlichen Chromosomen sieben genetische Varianten, die das Herzinfarktrisiko jeweils um etwa 20 bis 30 Prozent erhöhen,“ sagt Professor Heribert Schunkert, Direktor der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. „Das zeigt, wie ungeheuer komplex Herzerkrankungen sein können.“ Bei einer genetischen Variante auf Chromosom 2 konnten die Forscher außerdem zeigen, dass das Herzinfarktrisiko, das von dieser Mutation ausgeht, auch von zusätzlichen Faktoren abhängt, wie zum Beispiel Übergewicht oder Bluthochdruck. Die Krankheit ist also nicht nur genetisch bedingt – eine gesunde Lebensweise ist und bleibt eine gute Vorsorgestrategie.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wird in Deutschland jeder fünfte Sterbefall durch eine koronare Herzerkrankung verursacht: Fetthaltige, verkalkte Ablagerungen verschließen die Herzkranzarterien und führen so zu einem Herzinfarkt. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Nationale Genomforschungsnetz untersucht in einem seiner Genomnetze (Herz-Kreislauf-Netz) die genetischen Grundlagen der koronaren Herzerkrankung. Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeiten können zu neuen Ansatzmöglichkeiten für die Prävention und Behandlung dieser Volkskrankheit führen.

Veröffentlichung: „Genomewide Association Analysis of Coronary Artery Disease“, online-Ausgabe vom 18.07.2007 der Fachzeitschrift „The New England Journal of Medicine“.

Für weitere Informationen
PD Dr. Jeanette Erdmann und Prof. Dr. Heribert Schunkert
Medizinische Klinik II
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck
Tel.: 0451 500-4857 (0174 4744 602) oder 0451 500-2500 (0172 4467131)
E-Mail: j.erdmann@cardiogenics.eu, heribert.schunkert@innere2.uni-luebeck.de
Projektmanagement NGFN
Projektträger im DLR
Tel.: 0228 3821-331
E-Mail: pm-ngfn@dlr.de

Media Contact

Birgit Bott idw

Weitere Informationen:

http://www.ngfn.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer