Eine Kinase mit zwei Arbeitsplätzen — LMU-Forscherinnen erweitern Wissen um Translation

Doch das ist nicht das einzige Arbeitsfeld von Ctk1. Denn nun konnten die beiden Biochemikerinnen Dr. Katja Sträßer und Susanne Röther vom Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München in der Zeitschrift Genes&Development erstmals zeigen, dass Ctk1 auch bei der Translation im Zytoplasma der Zelle einen aktiven Part übernimmt. Ctk1 ist somit der einzige Transkriptionsfaktor, von dem bekannt ist, dass er in beiden Prozessen eine essentielle Funktion inne hat.

Um die im Erbgut (DNA) einer Zelle enthaltene Information in funktionierende Proteine umzusetzen, ist ein langer und komplexer Prozess notwendig. Im Zellkern wird zunächst aus der DNA ein Botenmolekül, die Boten RNA (mRNA), hergestellt. Dieser Prozess, die Transkription, wird mit Hilfe einer Vielzahl von Proteinen, die in so genannten Proteinkomplexen organisiert sind, bewerkstelligt. Im Anschluss an die Transkription wird die mRNA durch weitere Proteinkomplexe prozessiert, in ein Ribonukleoprotein-Partikel (mRNP) verpackt, das aus Proteinen und RNA besteht, und schließlich aus dem Zellkern hinaus in das Zytoplasma transportiert. Hier findet mit Hilfe der Ribosomen die Translation statt, d.h. die Umsetzung der nun in der mRNA kodierten Erbinformation in Proteine.

Wie schon seit längerem bekannt ist, wird die Proteinkinase Ctk1 während der Transkription benötigt. Ctk1 „hilft“ der RNA-Polymerase II, dem wichtigsten Enzym der Transkription, beim Umschreiben von DNA in die mRNA, indem es Phosphatreste an das Enzym hängt. Dieser Vorgang ermöglicht eine effiziente Arbeit des Enzyms.

Die LMU-Biochemikerinnen Katja Sträßer und Susanne Röther konnten nun zeigen, dass Ctk1 auch an dem fundamentalen zellulären Prozess der Translation beteiligt ist, d.h. an der Dekodierung der mRNA und der Synthese der Proteine durch die Ribosomen. In der mRNA stehen jeweils drei aufeinander folgende Bausteine für eine bestimmte Aminosäure, durch deren Aneinanderreihung ein Protein zusammengesetzt wird.

Fehlt Ctk1, ist die Translation beeinträchtigt. „Ctk1 sorgt bei der Translation dafür, dass die genetische Information akkurater und effizienter von der mRNA in die Proteine übertragen wird“, erklärt Katja Sträßer. Dies wird vor allem dadurch erreicht, dass Ctk1 Phosphatreste an das ribosomale Protein Rps2 anhängt, und somit seine einwandfreie Funktion gewährleistet. Rps2 ist ein essentieller Bestandteil des Ribosoms, und seine Phosphorylierung durch Ctk1 erhöht die Genauigkeit der Übertragung der Erbinformationen durch das Ribosom. Die Ergebnisse haben die Forscherinnen im Modellorganismus Hefe erhalten.

Jedoch konnten sie exemplarisch in Experimenten mit menschlichen Zellen zeigen, dass der Transkriptionsfaktor Ctk1 auch in höheren Eukaryonten eine Funktion in der Translation besitzt. „Unsere Erkenntnisse helfen uns beim grundlegenden Verständnis der Verarbeitung von Erbinformation und ihrer Regulation in der Zelle sehr weiter „, sagt Katja Sträßer.

In Zukunft wird die Arbeitsgruppe daran arbeiten, wie Ctk1 – und möglicherweise weitere Proteine – wichtige Schritte in der Genexpression, d.h. von der Transkription bis zur Translation, miteinander verbinden. Die Verzahnung der einzelnen Schritte vom Gen bis zum Protein ermöglicht eine präzise Regulation und Qualitätskontrolle der Genexpression. Neue Erkenntnisse hierüber werden das Verständnis dieses fundamentalen zellulären Prozesses erheblich erweitern.

Veröffentlichung:
„The RNA polymerase II CTD kinase Ctk1 functions in translation elongation“, Susanne Röther and Katja Sträßer, Genes&Development 21:000-000, 2007
Ansprechpartner:
Dr. Katja Sträßer
Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München
Department für Chemie und Biochemie
Tel.: 089 / 2180 76937
E-Mail: strasser@lmb.uni-muenchen.de

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Luise Dirscherl idw

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