Vogelgrippe: Zugvögel zu Unrecht unter Verdacht

Wichtigste Ursache für die globale Ausbreitung des Vogelgrippevirus H5N1 sind nicht die Zugvögel. Verantwortlich sei vielmehr der Mensch, der durch kommerziellen Handel mit Geflügel die Verbreitung begünstige. Diese Meinung vertreten französische Wissenschaftler von der Station Biologique de la Tour du Valat in einem Beitrag für die Fachzeitschrift „Ibis“. „Die Vogelgrippe-Fälle am Schwarzen Meer im Februar 2006 zeigen zwar, dass das Virus in Wildvögeln kurze Strecken zurücklegen kann“, sagt Autor Michel Gauthier-Clerc auf Nachfrage von pressetext. „Es gibt aber keinen Beweis dafür, dass das Virus auch längere Strecken in Zugvögeln überwindet.“

Der gefährliche H5N1 Virus wurde erstmals Ende 1996 in Geflügel im Südosten von China nachgewiesen. Anschließend breitete sich das Virus im gesamten asiatischen Raum aus und erreichte schließlich auch Afrika und Europa. Wissenschaftler vermuten, dass infizierte Zugvögel das Virus aus Asien auf die anderen Kontinente gebracht hätten. Sie stützen ihre Theorie auf einem Fund von Hunderten toter Zugvögel am chinesischen Lake Quinghai. „Es ist jedoch offensichtlich, dass der Verbreitungsweg von H5N1 nicht mit der Flugroute der meisten Zugvögel übereinstimmt“, sagt Gauthier-Clerc. Die zunehmende Globalisierung, die auch den Handel mit Geflügel beeinflusse, werde dagegen unterschätzt.

Bei vergangenen Seuchenausbrüchen mit gefährlichen Subtypen von H5 und H7 sei ein Zusammenhang zum Geflügelhandel nachgewiesen worden, argumentieren die Wissenschaftler. Demgegenüber sei bislang nur belegt, dass das Virus durch die Infektion von Zugvögeln kurze Strecken zurücklegen konnte – für eine Verbreitung über größere Strecken gebe es dagegen keinen Beweis. Überfüllte Gehege und damit verbunden mehr Stress machten die Tiere besonders anfällig gegen Infektionen. Mit Besorgnis registrieren die Forscher deshalb, dass die Batteriehaltung derzeit wieder zunehme – kurioserweise aus Furcht vor der Geflügelgrippe. „Wir fordern stattdessen den globalen Handel mit Geflügel stärkeren Kontrollen zu unterwerfen“, sagt Gauthier-Clerc.

Media Contact

Christoph Marty pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.tourduvalat.org/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer