Diagnostik mit gemustertem Papier

Die Untersuchung biologischer Flüssigkeiten wie Blut und Urin ist für Diagnostik und Routinekontrollen essenziell. In abgelegenen, wenig industrialisierten Regionen oder für eine Notfall-Diagnostik vor Ort sind herkömmliche laboranalytische Methoden jedoch viel zu aufwändig.

George M. Whitesides und sein Team von der Harvard University (Cambridge, USA) haben nun den Prototyp einer neuen Klasse billiger, sehr praktischer Schnelltests entwickelt, mit denen mehrere verschiedene Biotests simultan an einem Tröpfchen Probe durchgeführt werden können. Wie in der Zeitschrift Angewandte Chemie beschrieben, basieren die Tests auf winzigen, mit definierten, millimetergroßen Kanälen bedruckten Papierstückchen.

Zur ihrer Herstellung wird ein sehr saugfähiges Papier mit einem Fotolack behandelt und mit einer Maske bedeckt, die das Negativ des gewünschten Musters darstellt. Wird das Papier durch diese Maske mit UV-Licht bestrahlt, verändern sich die Moleküle des Photolacks so, dass sie beim anschließenden Erhitzen zu einer durchgehenden Polymerschicht vernetzen. Während sich der nicht belichtete Fotolack wegwaschen lässt, bleibt die Polymerschicht an den belichteten Stellen fest an das Papier gebunden. Auf diese Weise erzeugen die Forscher ein winziges System aus Kanälen, die mit „Kanalwänden“ aus dem wasserabweisenden Polymer gegeneinander abgegrenzt sind.

Für ihren Prototyp wählten Whitesides und sein Team ein kleeblattförmiges Kanalsystem: einen Hauptkanal, der sich in drei kleine Kammern verzweigt. In die Kammern dosieren sie verschiedene Farbreagenzien und lassen diese eintrocknen. In die erste Kammer kommen Reagenzien für einen Glucose-Test, in die zweite für einen Test auf Proteine, die dritte dient als Kontrolle. Ein aufgegebenes Flüssigkeitströpfchen wird dank der Kapillarkräfte des Papiers rasch aufgesaugt und in alle drei Kammern transportiert. Testreihen mit künstlichem Urin ergaben, dass die Stärke der – simultan ablaufenden – Farbreaktionen in etwa den jeweiligen Glucose- bzw. Proteinkonzentrationen entspricht. Die Nachweisempfindlichkeit ist vergleichbar mit der konventioneller Glucose- oder Protein-Teststreifen.

Wichtig für den Feldeinsatz: Die Tests sind gegenüber Verunreinigungen der Proben mit Staub, Schmutz oder Pflanzenteilen unempfindlich, da diese Partikel nicht vom Papier aufgesaugt werden.

Angewandte Chemie: Presseinfo 04/2007

Autor: George M. Whitesides, Harvard University, Cambridge (USA), http://gmwgroup.harvard.edu/contact.html

Angewandte Chemie 2007, 119, No. 8, 1340-1342, doi: 10.1002/ange.200603817

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69495 Weinheim, Germany

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Dr. Renate Hoer idw

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