Die Suche nach Wegen, Medikamente auf dem besten Wege in den Körper zu bringen

Sabine Enders ist weder Heilpraktikerin noch Ärztin. Sie ist Professorin für Thermodynamik und thermische Verfahren an der TU Berlin, und dennoch liegt ihr die Gesundheit am Herzen. Sie forscht zu Fragen, die in direktem Zusammenhang mit drei aktuellen Hauptaufgaben der Medizin stehen – der Entwicklung neuer Arzneimittel, der Verbesserung der Herstellungsverfahren von Medikamenten sowie der Entwicklung neuer Therapie- und Diagnoseverfahren. Ihre Schwerpunkte sind die kontrollierte Medikamentenabgabe, Trennverfahren von Biomolekülen und die irreversible Thermodynamik lebender Zellen.

Arzneimittel sollen konstant wirken

„Bei der Entwicklung neuer Medikamente besteht die Herausforderung darin, die Konzentration des Medikaments über einen längeren Zeitraum im Körper konstant zu halten, um den optimalen therapeutischen Effekt zu erzielen“, erklärt die Professorin. Bei herkömmlichen Medikamenten steigt nach der Einnahme die Konzentration des Wirkstoffes im Körper an und sinkt wieder ab. Für den Heilungsprozess effizienter ist es, wenn das Arzneimittel konstant wirkt. Gewünscht ist deshalb eine kontrollierte und gezielte Freisetzung des Wirkstoffes. Dies wird erreicht, indem das Medikament über Hydro-Gele, Poly-merpartikel oder Tenside in den Körper gebracht wird. Sabine Enders: „Das gibt es bereits. Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, für jeden neu entwickelten Wirkstoff das richtige Transportmittel zu finden, damit er im therapeutischen Konzentrationsfenster wirkt.“ Sabine Enders, die an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg Chemie studierte, will mit ihrem Team allgemeine Regeln aufstellen, die darüber Aussagen machen, welches Trägermaterial sich für welches Medikament am besten eignet. „Wir entwickeln keine neuen Arzneimittel, sondern forschen daran, wie wir sie am wirkungsvollsten in den Körper einschleusen.“

Bei ihrem zweiten Forschungsfeld geht es darum, Grundlagen für Trennverfahren von Biomolekülen zu entwickeln. Die in der Arzneimittelindustrie benötigten Wirkstoffe kommen nie in ihrer reinen Form vor, sondern immer in Verbindung mit anderen Stoffen. Deshalb muss die Stoffmischung so aufgearbeitet werden, dass die benötigte Substanz isoliert werden kann. Diese Stofftrennverfahren beruhen auf thermodynamischen Prozessen. „In der chemischen Industrie beherrscht man diese Prozesse sehr gut, bei den Biomolekülen jedoch muss noch viel getan werden“, so Enders. Ein Problem sei, dass Biomoleküle viel empfindlicher auf Temperatur reagierten als normale Chemikalien. Bei den Trennverfahren in der chemischen Industrie wird jedoch oft mit hohen Temperaturen gearbeitet, die die Biomoleküle, die man extrahieren möchte, zerstören.

Ihr dritter Forschungsschwerpunkt untersucht die Wechselwirkung von implantierten künstlichen Stoffen mit dem körpereigenen Gewebe. Aus thermodynamischer Sicht existiert noch kein vollständiges theoretisches Verständnis darüber, welche Prozesse sich da vollziehen. Sabine Enders ist eine von wenigen, national wie international, die diesem Geheimnis auf der Spur sind.

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