Neue Algengruppe entdeckt: Picobiliphyta

Wie jetzt im Wissenschaftsmagazin Science berichtet, handelt es sich bei den Algen um Vertreter des kleinsten pflanzlichen Planktons, dem Picoplankton („Picobiliphytes: A marine picoplanktonic algal group with unknown affinities to other Eukaroytes“ Science, Vol. 316). Aufgrund ihrer Größe von nur wenigen tausendstel Millimetern und dem Vorkommen einer Pigmentgruppe, den so genannten Phycobiliproteinen, gaben die Forscher ihnen den Namen Picobiliphyta.

Die Photosynthese in den Meeren macht etwa 50 Prozent der weltweiten Photosynthese aus. Dominiert wird sie von mikroskopisch kleinen Algen, dem so genannten Phytoplankton. Wissenschaftler gehen davon aus, dass bis zu 90 Prozent der Arten des Phytoplanktons noch unbekannt sind. In der vorliegenden Arbeit untersuchten die Wissenschaftler mit Hilfe molekularer Techniken die kleinsten Mitglieder des Planktons, das Picoplankton. Durch die geringe Größe des Picoplanktons von nur wenigen tausendstel Millimetern lassen sich die Organismen nur schlecht mit einem Mikroskop untersuchen oder identifizieren.

Die Forscher nutzen bei ihrer Arbeit Gensequenzen des in allen Zellen vorkommenden 18S Genes. Durch den Vergleich von unbekannten mit schon bekannten Gensequenzen lässt sich die Identität neuer Organismen ableiten. „Die in den Algen gefundenen Gensequenzen ließen sich keiner der bisher bekannten Organismengruppen zuordnen“, erläutern Dr. Klaus Valentin und Dr. Linda Medlin, Mitautoren der Studie und Molekularbiologen am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven. Die untersuchten Algen stammen von Planktonproben aus verschiedenen Bereichen des Nordatlantiks sowie aus dem Mittelmeer. Die Wissenschaftler entdeckten eine also völlig neue Organismengruppe, die weit verbreitet ist. „Ein deutlicher Hinweis darauf, dass es in den Meeren noch viel zu entdecken gibt, vor allem mit Hilfe molekularer Methoden“, so Valentin.

Neben den unbekannten Gensequenzen identifizierten die Forscher in den Algen Inhaltsstoffe, so genannte Phycobiliproteine, die zum Beispiel auch in Rotalgen als Farbstoffe vorkommen. Bei der neu entdeckten Algengruppe finden sich diese Phycobiliproteine allerdings in den Plastiden, dem Ort der Photosynthese. Dies war bisher von keiner Algenart bekannt und für die Forscher ein deutlicher Hinweis auf eine bisher nicht bekannte Algenart. In Anspielung auf ihre geringe Größe und das Vorhandensein von Phycobiliproteinen gaben die Forscher der Algengruppe den Namen Picobiliphyta.

Die Veröffentlichung „Picobiliphytes: A marine picoplanktonic algal group with unknown affinities to other Eukaroytes“ erscheint am 12. Januar 2007 im Wissenschaftsmagazin Science.

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Bildbeschreibung: Die Abbildung zeigt eine fluoreszenz-mikroskopische Aufnahme einer Picobiliphyta-Zelle. Der Zellkern wurde blau angefärbt und das Cytoplasma grün. Die Rote Fluoreszenz stammt von einem Plastiden mit Phycobiliproteinen, Pigmenten, die sonst nur in Rotalgen, Blaualgen (= Cyanobakterien) und Cryptophyceen vorkommen. Die Zelle ist etwa 2×5 µm groß (1 µm = 1/1000 Millimeter).

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der fünfzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

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Margarete Pauls idw

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