Tiefsee-Mikrobe – biochemischer Trick unter Extrembedingungen

Ein Forscherteam der University of Washington in Seattle hat ein Tiefseelebewesen entdeckt, das auch unter extremen Bedingungen Stickstoff in eine bioverfügbare Form verwandeln kann. Das Team um Mausmi Mehta und John Baross hatte Tiefseekrater im Pazifischen Ozean untersucht und dort Lebewesen gefunden, die bei Temperaturen von 92 Grad Luftstickstoff reduzieren, berichten sie in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science.

Seit Jahren arbeiten Wissenschaftler daran, den Luftstickstoff N2 so zu reduzieren, dass er in eine biologisch verfügbare Form gebracht wird. Dieses Wissen sollte in Zukunft nämlich auch industriell genutzt werden. „Das würde den Einsatz von Kunstdünger deutlich reduzieren“, meint Sebastian Gayler vom Institut für Bodenökologie am GSF-Forschungszentrum in pressetext-Gespräch. Jedes Lebewesen braucht Stickstoff, der zumeist in Form von N2 gebunden ist. Nur relativ wenige Mikroben sind in der Lage N2 so aufzuspalten, dass er in den Zellen genutzt werden kann, also bioverfügbar wird. Das große Problem dabei ist, dass N2 ein sehr stabiles Molekül mit hoher Bindungsenergie ist. Der Enyzymkomplex namens Nitrogenase ist in der Lage, diese Reduktion vorzunehmen – bisher wussten Forscher, dass dies bis Temperaturen von 66 Grad möglich war.

Was die beiden Forscher besonders interessierte war die Frage, wie diese Fähigkeit der Stickstoff-Reduktion im Lauf der Geschichte entstand. Die Forscher hatten sich daher auf die Suche nach solchen Stickstoff-Fixierern am Ozeangrund gemacht. Das Archaeon lebt wahrscheinlich vorwiegend in Tiefen von etwa 100 Metern unter der Meeresoberfläche. Dort ist Sauerstoff nur in geringen Mengen vorhanden, daher nehmen die Forscher an, dass die Fähigkeit Stickstoff zu fixieren bereits sehr lange existent ist, da diese Lebewesen ansonsten nicht hätten überleben können. Als Produkt dieser Reaktion entsteht dann Ammoniak. Wissenschaftler wie etwa Jonathan Zehr von der University of California in Santa Cruz sehen in der Entdeckung der beiden Forscher jedenfalls interessante Ansätze.

„Es handelt sich um Grundlagenforschung und eine direkte Umsetzung der Ergebnisse ist in weiter Ferne“, so Gayler. „Man kennt schon lange verschiedene Bakterien und Archaeen, die Stickstoff aus der Luft fixieren, und das bei wesentlich niedrigeren Temperaturen – wie etwa die Symbiose Leguminosen Knöllchenbakterien“, erklärt der Forscher. „Den Autoren scheint es zunächst darum zu gehen, den Prozess zu verstehen, um aus dem gewonnenen Prozessverständnis irgendwann einmal zu einer technischen Anwendung zu kommen.“

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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