Eine Lanze für die Wanze – Ritterwanze ist Insekt des Jahres 2007

Weibchen der Ritterwanze saugt an Fruchtstand. Jürgen Deckert, Berlin

Mit der Popularität des Siebenpunkt-Marienkäfers kann die Ritterwanze zwar nicht mithalten, mit dessen schöner rot-schwarzen Färbung schon. Das Kuratorium „Insekt des Jahres“ wählte für 2007 eine Wanze, da diese Tiergruppe zu den farbenprächtigsten und interessantesten Insekten gehört. Es möchte so auch mit dem schlechten Image aufräumen, das den Wanzen wegen der blutsaugenden Bettwanze anhaftet. Schirmherr für die Ritterwanze, das Insekt des Jahres 2007, ist der Minister für Ernährung und Ländlichen Raum des Landes Baden-Württemberg, Peter Hauk MdL. Er lüftete am Freitag (24.11.) persönlich das Geheimnis im Berliner Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität. Die Proklamation erfolgte wie im Vorjahr gemeinsam mit den österreichischen Entomologen.

In Mitteleuropa sind etwa 1.000 Wanzenarten bekannt, und nur eine Handvoll sind Parasiten wie die unbeliebte Bettwanze. Viele Wanzen leben räuberisch; die meisten ernähren sich jedoch von Pflanzensäften. So auch unsere Ritterwanze, Lygaeus equestris, die zu den Bodenwanzen gehört. „Unsere Ritterwanze ist ein Feinschmecker und nutzt sogar giftige Speisen“, so Professor Holger Dathe vom Deutschen Entomologischen Institut, der Vorsitzende des Kuratoriums. „Für die jungen Larven sind die Weiße Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria) und das Frühlings-Adonisröschen (Adonis vernalis) die einzigen Wirtspflanzen. Beides sind giftige Pflanzen, die nur auf Trockenrasen oder in lichten Wäldern zu finden sind. So zum Beispiel auf der Insel Rügen sowie in den Mittelgebirgen bis in die unteren Zonen der Alpen.“ Die Ritterwanze, die in Österreich häufiger anzutreffen ist als in Deutschland, ist seltener geworden, aber nicht vom Aussterben bedroht.

Ritterwanzen sind 8 bis 14 mm groß und haben einen länglich-ovalen, leicht abgeflachten Körper. Charakteristisch für sie ist die schwarze kreuzförmige Zeichnung auf der Rückenoberseite. Sie überwintern als erwachsene Insekten geschützt am Boden, aber auch in unbenutzten Bruthöhlen von Bienen oder an Steilwänden. Sobald die Tage länger werden und die Sonne wärmer wird, verlassen sie ihre Winterquartiere. Nach der Paarung, die bis zu 24 Stunden dauern kann, legen die Weibchen nach und nach rund 60 Eier in kleinen Gruppen im Boden ab. Die jungen Larven schlüpfen nach circa einem Monat. Sie häuten sich fünfmal, bevor sie nach etwa 40 Tagen ausgewachsen und flugfähig sind. Die älteren Larven sind weniger wählerisch bei der Wahl ihrer Nahrung und können auch an Löwenzahn gefunden werden. Sie saugen vor allen an unreifen Samen oder reifen, abgefallenen Samen. Ritterwanzen leben in der Regel eine Saison.

Unser Insekt des Jahres 2007 kann mit der ähnlich aussehenden, ebenfalls rot-schwarz gefärbten Feuerwanze verwechselt werden, die auch Stadtbewohnern gut bekannt ist. Vor allem unter Linden, aber auch unter Rosskastanien sammeln sich oft Hunderte dieser Tiere an. Feuerwanzen, fälschlicherweise oft als „Feuerkäfer“ bezeichnet, sind ebenfalls vorwiegend Pflanzensauger. Auch wenn sie in Massen auftreten, verursachen sie keine nennenswerten Schäden.

Professor Urs Wyss von der Universität Kiel präsentierte während der Pressekonferenz einen Film, der die doch eher unbekannte Ritterwanze ins rechte Licht rückt und interessante, neue Einblicke aus ihrem Leben zeigt.

Wie in jedem Jahr gibt es ein Faltblatt mit wichtigen Informationen und zahlreichen Bildern zum Insekt des Jahres.

Hintergrundinformationen zu Wanzen:

Wanzen lassen sich leicht an ihrem dreieckigen Schildchen erkennen, das hinter dem oft großen Halsschild ansetzt. Beide Flügelpaare sind ausgebildet, wobei der hintere Teil der Vorderflügel weich und häutig wie bei Stubenfliegen ist und nur der vordere fest wie bei Käfern. Diesem Merkmal verdanken die Wanzen ihren wissenschaftlichen Namen Heteroptera (hetero – ungleich, pteron – Flügel). Mit ihren stechend-saugenden Mundwerkzeugen können Wanzen nur flüssige Nahrung aufnehmen. Typisch für viele Wanzen ist ihr Geruch. Er kann sehr unangenehm und stechend sein; bei unserer Ritterwanze ist er eher dezent und angenehm. Die Duftstoffe locken Sexualpartner an, dienen dem Zusammenhalt von Gruppen oder wehren Feinde ab und signalisieren zusammen mit der rot-schwarzen Färbung Fressfeinden, dass sie ungenießbar sind.

Alle Wanzen machen eine unvollständige Entwicklung durch. Das heißt, nach jeder Häutung werden die Larven ein wenig größer und dem erwachsenen Tier immer ähnlicher. Auch die Flügel entwickeln sich allmählich und sind erst beim erwachsenen Tier voll ausgebildet. Ein Puppenstadium, wie wir es von Schmetterlingen oder Käfern kennen, gibt es bei Wanzen nicht.

Media Contact

Dr. Gerlinde Nachtigall idw

Weitere Informationen:

http://www.bba.bund.de

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