Rolle der Gene bei der Domestizierung von Tieren erforscht

Vor etwa 10.000 Jahren ging der Mensch auf eine neue Form der Lebensmittelversorgung über. Statt auf Tiere zu jagen, ging er darauf über, sie selber zu züchten. Dieser Domestizierungssprozess resultierte in zahmen, sozialen Tieren, die sich an vielen Fronten von ihren wilden Artgenossen unterschieden. Um mehr Erkenntnisse über die Genetik zu gewinnen, die hinter dem unterschiedlichen Verhalten von wilden und zahmen Tieren steckt, führt Frank Albert vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig nun Forschungen mit einem zahmen sowie einem aggressiven Rattenstamm durch. Auf Grundlage der Ergebnisse hofft er nachweisen zu können, ob die genetische Signatur bei allen domestizierten Tieren identisch ist, berichtet die New York Times.

Alberts Ratten sind Nachkommen von zwei russischen Rattenkolonien, die ihm vor 1,5 Jahren zur Verfügung gestellt wurden. Sie sind Teil eines auffallenden Domestizierungsexperiments, das 1959 von dem russischen Genetiker Dmitry K. Belyaev angefangen wurde. Belyaev war davon überzeugt, dass „zahmes Verhalten“ für die Steinzeitbauern das einzige Kriterium bei der Selektion ihrer Tiere war. Um diese Auffassung zu untermauern, startete er ein Züchtprogramm mit Silberfüchsen, wobei er die Füchse für die nachfolgende Generation lediglich in Hinblick auf deren Zahmheit auswählte. Nach 35 Generationen waren die Füchse völlig domestiziert. Da die Erforschung der Genetik von kleineren Tieren viel einfacher ist, entschloss sich Belyaev, die Studie mit wilden Ratten zu wiederholen. Parallel dazu züchtete er einen Rattenstamm, bei dem die Tiere nach Aggressivitätsmerkmalen selektiert wurden.

„Die dramatischsten Änderungen im Verhalten der Ratten passierten innerhalb der ersten zwölf bis 15 Generationen, danach ging es langsamer“, erklärt Albert auf Nachfrage von pressetext. Seit der 50. Generation sei das Verhalten so gut wie fixiert und alle Tiere seien entweder zahm oder aggressiv. Albert hat die Tiere der zahmen und der aggressiven Linie nun gekreuzt. „Von jedem gekreuzten Tier messen wir, wie zahm beziehungsweise aggressiv es ist“, erklärt Albert. Darauf suchen die Forscher im Genom des Tieres nach Markers, die mit dem Verhalten korrelieren. „In der Nähe solcher Marker befinden sich wahrscheinlich Gene, die das Verhalten beeinflussen – und damit für die Zahmheit verantwortlich sind.“

Diese Gene seien sehr interessant, da sie vermutlich für alle domestizierten Tierarten identisch sind. Gelingt es den Forschern, sie zu identifizieren, dann könnten sie sogar die betreffenden Gene im menschlichen Genom mit denen im Genom eines Schimpansen vergleichen und so ein Licht auf die menschliche Evolution werfen. „Letztlich gehen wir jedoch davon aus, dass domestizierte Tiere in einem ersten Schritt zahm gemacht werden mussten“, erklärt Albert. Erst dann tolerierten sie die Gegenwart von Menschen. „Und erst dann konnte der Mensch sie züchten um andere, für ihn interessante Merkmale – wie etwa Fleischgehalt und Eierproduktion – zu verstärken“, so Albert abschließend gegenüber pressetext.

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Reanne Leuning pressetext.deutschland

Weitere Informationen:

http://www.eva.mpg.de

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