Virenexperten im Kampf gegen Hungersnöte

Forscher der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen machen die Cassavapflanze, die Kartoffel Afrikas, widerstandsfähig gegen gefährliche Pflanzenviren. Zu diesem Zweck hat die DSMZ die weltweit umfangreichste Sammlung infizierter Pflanzen jetzt komplettiert. Die genaue Analyse des gesamten Virenspektrums erlaubt die gezielte Züchtung besonders resistenter Pflanzen. Erste Züchtungserfolge werden auf afrikanischen Feldern bereits im Anbau getestet. Weltweit ernähren sich über 800 Millionen Menschen von Cassava.

Hauptnahrungsmittel für mehr als 400 Millionen Afrikaner

Nicht nur Menschen und Tiere müssen Virusinfektionen fürchten, auch Pflanzen können von Viren befallen werden. Bei Cassava, dem wichtigsten Nahrungsmittel Afrikas, von dem 400 Millionen Menschen abhängig sind, geschieht dieses regelmäßig. Dramatische Ernteausfälle und damit verbundene Nahrungsmittelknappheit sind die Folge. „Um diese Frucht spannt sich in weiten Teilen Afrikas das ganze Leben“, weiß Dr. Stephan Winter, der Leiter des Forschungsbereichs Pflanzenviren, aus eigener Erfahrung zu berichten. Cassava ist in Europa besser unter dem Namen Maniok bekannt. Die Blätter dienen als vitaminreiches Gemüse und aus den Knollen können stärkehaltige Nahrungsmittel hergestellt werden. Nach Reis, Mais und Zuckerrohr ist Cassava weltweit der viertwichtigste Kalorienlieferant in tropischen Ländern.

Forscher bauen Viren der Zukunft

An der DSMZ werden die Erreger der Cassava-Mosaikkrankheit erforscht, die für die Verkümmerung der Pflanzen verantwortlich ist. Virusproben aus allen Cassava-Anbaugebieten Afrikas, beispielsweise dem Sudan, Kongo und Nigeria, werden zur Kartierung der Erregerverbreitung molekulargenetisch verglichen. Neue Viren werden dabei gefunden und wichtige Erkenntnisse zur Übertragung der Krankheit gewonnnen. Die Wissenschaftler der DSMZ sind außerdem in der Lage, Viruskrankheiten im Labor zu erzeugen, die in der Natur so noch nicht vorkommen, die aber vermutlich in Zukunft auftreten werden. So können Pflanzen gezüchtet werden, die bereits gegen die Erreger von Morgen gewappnet sind. Schnelltests zur sicheren und frühen Diagnose der Erreger werden ebenfalls entwickelt und bereits im Feld eingesetzt, um die Verbreitung der Viren frühzeitig zu unterbinden. Besondere Bedeutung hat hierbei die Eindämmung der Ausbreitung aggressiver Viren aus Ostafrika in die Anbaugebiete Westafrikas.

Essbare Forschungserfolge

„Die zielgerichtete Züchtung virusresistenter Cassavapflanzen ist erst durch die Forschungsarbeit der DSMZ möglich“, erklärt Dr. Stephan Winter. „Durch die von uns durchgeführten, künstlichen Virusinfektionen in Cassava können wir Resistenzeigenschaften bereits in unseren Gewächshäusern überprüfen und damit den Züchtungsfortschritt wesentlich beschleunigen“, erklärt Dr. Winter. In den Gewächshäusern der DSMZ, auf dem Gelände der Biologischen Bundesanstalt in Braunschweig, befinden sich neben der Sammlung virusinfizierter Cassavapflanzen auch alle weltweit bedeutenden Cassavazuchtlinien und Landrassen mit besonderen Resistenz- oder ernährungsphysiologischen Eigenschaften. Die Viren der Cassavapflanzen stehen in kleinerem Maßstab schon seit mehreren Jahren im Fokus der DSMZ-Forscher. Durch die bereits gewonnenen Erkenntnisse werden schon heute in Ost- und Westafrika „essbare Forschungserfolge“ in Form von virusresistenten Cassavapflanzen angebaut.

Über die DSMZ

Bei der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH bestellen Wissenschaftler aus der ganzen Welt Bakterien, Pflanzenviren und Zellen für ihre Forschung. Die DSMZ ist mit einem Sammlungsumfang von über 24.000 verschiedenen Kulturen und einer jährlichen Verkaufszahl von über 30.000 Ressourcen das weltweit größte zertifizierte Zentrum seiner Art. Alleine über 12.000 verschiedene Bakterientypen sind im Angebot. Darunter befinden sich neben exotischen Vertretern aus der Tiefsee oder arktischen Eishöhlen auch Krankheitserreger wie Salmonellen oder Legionellen. Besonders gefragt sind auch die menschlichen und tierischen Zelllinien, die zum Beispiel Krebsforschern als wichtige Grundlage für ihre Experimente dienen. Pflanzenviren gehören ebenso wie pflanzliche Zellkulturen zum diversen Spektrum der Sammlung. Ein zusätzlicher Service der DSMZ unterstützt Mikrobiologen bei der Identifizierung von Bakterien und Pilzen. Als Patenthinterlegungsstelle bietet die DSMZ die bundesweit einzigartige Möglichkeit, biologisches Material nach den Anforderungen des Budapester Vertrags aufzunehmen. Die DSMZ ist nach DIN EN ISO 9001-2000 zertifiziert.

Über die Leibniz-Gemeinschaft

Die DSMZ ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören über 80 außeruniversitäre Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Wissenschaft. Ihre Forschungs- und Dienstleistungsaufgaben sind von überregionaler Bedeutung, gesamtstaatlichem wissenschaftspolitischem Interesse und werden deshalb von Bund und Ländern gemeinsam gefördert. Die Leibniz-Gemeinschaft ist eine der vier großen Wissenschaftsorganisationen Deutschlands.

DSMZ – Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – Dirk Hans (Pressesprecher) Mascheroder Weg 1b D-38124 Braunschweig Tel +49 (0) 531-2616-300 Fax +49 (0) 531-2616-418

Media Contact

Dirk Hans DSMZ Presse

Weitere Informationen:

http://www.dsmz.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer