Alkoholismus Genen auf der Spur

UCSF-Forscher experimentieren mit Fruchtfliegen

Bevor Fliegen Alkohol genießen können, brauchen sie einen richtigen Kater. Forscher haben nun entdeckt, dass das Gen für die Äthanol-Toleranz mit jenem zur Stressbewältigung ident ist. Ob dies beim Menschen ebenso ist, wollen Forscher der University of California in San Franzisko (UCSF) nun herausfinden. Die Ergebnisse bei der Fruchtfliege Drosophila waren jedenfalls interessant, berichten die Forscher im Wissenschaftsmagazin Nature.

Eine hohe Alkoholtoleranz, also der Effekt viel zu trinken und nichts zu spüren, ist einer der Faktoren, die zu Alkoholismus führen können, da jene, die die Wirkung des Alkohols nicht spüren, tendenziell mehr trinken. Diese Alkoholtoleranz und die Tendenz Alkoholiker zu werden, sind teilweise vererblich. Bisher haben Wissenschaftler aber nur wenige Gene identifiziert, die dafür eine Rolle spielen. Da Studien beim Menschen kompliziert sind, hat das Forscherteam um Ulrike Heberlein von der UCSF jene der Fruchtfliege Drosophila untersucht.

Um die Alkoholtoleranz zu messen, bauten die Forscher für die Fliegen einen künstlichen Turm mit verschiedenen Plattformen auf. Wurden die Tiere Äthanoldämpfen ausgesetzt, taumelten und fielen sie eine Plattform tiefer. Je schneller die Fliegen die unterste Plattform erreichten, desto betrunkener waren sie. Die Forscher setzten auch Fliegen mit verschiedenen genetischen Defekten ein. Normale Fliegen waren nach etwa 20 Minuten betrunken. Vier Stunden später wiederholten sie den Versuch. Dabei stellte sich heraus, dass die Fliegen acht Minuten länger nüchtern blieben. Offensichtlich stieg ihre Toleranz gegenüber dem Alkohol.

Jene Fliegen, deren „Kater-Gen“ fehlte, waren in der Regel bei der zweiten Dosis nach 23 Minuten am Boden. Das legt nahe, dass sie eine niedrigere Toleranz aufwiesen, meinen die Forscher. Die Mutanten hatten auch noch andere Probleme: Sie starben früher und ertrugen Hitze wesentlich schlechter als gesunde Fliegen. „Menschen haben mehrere solcher Gene, die denen der Fliege ähnlich sind“, meint Heberlein. Zu diesem Schluss kommt auch die Forscherin Paula Hoffmann von der University of Colorado in Denver, die zahlreiche Versuche mit Alkohol und Mäusen gemacht hat. Das „Kater-Gen“ ist sozusagen das zweite bekannte Gen, das mit Alkoholtoleranz zu tun hat. Hinzu kommt auch noch ein Gen für den Neurotransmitter namens Octopamin. Fehlen diese beiden Gene, weisen die Fliegen nahezu keine Alkoholtoleranz auf.

Die Forscher hoffen jene Gene zu finden, die eine Alkoholsucht beim Menschen bewirken. Dadurch könnte schon im vorhinein festgestellt werden, ob jemand erblich vorbelastet ist oder nicht. „Wenn wir verstehen, wie Alkoholtoleranz funktioniert, kann man es pharmakologisch steuern“, zeigt sich Heberlein überzeugt.

Media Contact

Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer