Stärke-Regulator in Pflanzen entdeckt

Golmer Max-Planck-Forscher identifizieren ungewöhnliches Zuckermolekül, das die Stärkespeicherung in Pflanzen reguliert

Wissenschaftlern des Max-Planck-Institutes für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam ist es gelungen, mit Hilfe gentechnischer und biochemischer Methoden ein Signal zu entschlüsseln, das die Speicherung von Stärke in Pflanzen reguliert. Stärke besitzt eine große wirtschaftliche Bedeutung, da sie einerseits Grundlage unserer Ernährung ist und andererseits als nachwachsender Rohstoff in der Industrie vielseitig eingesetzt wird. Wie in der aktuellen Ausgabe von PNAS (Proceedings of the National Academy) veröffentlicht, konnten die Forscher die Vorstufe eines ungewöhnlichen Zuckers, Trehalose-6-Phosphat, als Signalmolekül identifizieren, das die Stärkespeicherung in Pflanzen stimuliert. Die Erkenntnisse zur Regulation der Stärkespeicherung in Pflanzen bieten gleichzeitig auch Einblicke in die Evolution des pflanzlichen Stoffwechsels. Trehalose-6-Phosphat kommt als Vorstufe des Zuckers Trehalose bereits in Bakterien vor und etablierte sich in der Evolution als Signalmolekül, das Wachstums- und Speicherprozesse bei ständig wechselnden Umweltbedingungen optimiert (PNAS, 2. August 2005).

Pflanzen besitzen die Fähigkeit, mit Hilfe photosynthetischer Prozesse anorganisches Kohlendioxid in organische Zucker wie Saccharose (Haushaltszucker) oder Glukose umzuwandeln. Diese werden für Wachstum und Speicherung genutzt, wobei Stärke als hauptsächliches Speicherprodukt in den Chloroplasten pflanzlicher Zellen entsteht. Bei einem Überschuss von Saccharose wird besonders viel Stärke gebildet. Über welche Signalwege dies erfolgt, war bislang unbekannt.

Trehalose ist ein ungewöhnlicher Zucker, der in einer Reihe von Organismen natürlich produziert wird. Er kommt in Pilzen, Bakterien und Insekten vor, ist pharmakologisch wirksam und wird bei der Lagerung menschlicher Gewebe für eine Vielzahl medizinischer Behandlungen eingesetzt. Da Pflanzen normalerweise nur geringe Spuren dieses ungewöhnlichen Zuckers enthalten, war lange Zeit rätselhaft, warum während der Evolution der Trehalose-Syntheseweg in Pflanzen beibehalten wurde.

Die Max-Planck-Wissenschaftler konnten nun zeigen, dass Trehalose-6-Phosphat, die Vorstufe von Trehalose, in geringen Konzentrationen notwendig ist, um die Stärkespeicherung in Pflanzen bei Saccharoseüberschuss zu stimulieren. Dies konnte sowohl mit Hilfe transgener Pflanzen belegt werden, die veränderte Konzentrationen von Trehalose-6-Phosphat aufwiesen, als auch durch direkte Zugabe von Trehalose-6-Phosphat in Chloroplasten. Erhöhte Konzentrationen von Trehalose-6-Phosphat führten dabei zu Aktivierung von ADP-Glukose Pyrophosphorylase, dem Schlüsselenzym der Stärkesynthese. Transgene Pflanzen, die in der Synthese von Trehalose-6-Phosphat eingeschränkt waren, zeigten deutlich verringerte Stärkegehalte auch in der Anwesenheit hoher Saccharose-Konzentrationen.

Dr. Peter Geigenberger, Arbeitsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie, erklärt: „Die Ergebnisse geben nicht nur Aufschluss über die Regulation der Stärkespeicherung in den Chlorplasten, sondern sind auch entwicklungsgeschichtlich von großer Bedeutung.“ Der Grund dafür ist, dass die Chloroplasten der Pflanzen von photosynthetischen Bakterien abstammen, die im Laufe der Evolution in die Zellen aufgenommen und integriert wurden. Dabei mussten Signalmechanismen etabliert werden, die die Stoffwechselprozesse in den Chloroplasten an die Bedürfnisse der sie umgebenen Zelle anpassen. In diesem Zusammenhang wurde eine Vorstufe des sehr alten Trehalose-Stoffwechselweges als Signalmolekül benutzt, um Speicherprozesse in den Chloroplasten an den allgemeinen Zuckerstatus der Zelle anzupassen.

Media Contact

Peter Geigenberger Max-Planck-Gesellschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue Industrie-4.0-Lösung für niedrigschwelligen Zugang zu Datenräumen

»Energizing a Sustainable Industry« – das Motto der Hannover Messe 2024 zeigt klar, wie wichtig eine gleichermaßen leistungsstarke und nachhaltige Industrie für den Fertigungsstandort Deutschland ist. Auf der Weltleitmesse der…

Quantenpräzision: Eine neue Art von Widerstand

Physikforschende der Universität Würzburg haben eine Methode entwickelt, die die Leistung von Quantenwiderstands-Normalen verbessern kann. Sie basiert auf einem Quantenphänomen namens anomaler Quanten-Hall-Effekt. In der industriellen Produktion oder in der…

Sicherheitslücke in Browser-Schnittstelle erlaubt Rechnerzugriff über Grafikkarte

Forschende der TU Graz waren über die Browser-Schnittstelle WebGPU mit drei verschiedenen Seitenkanal-Angriffen auf Grafikkarten erfolgreich. Die Angriffe gingen schnell genug, um bei normalem Surfverhalten zu gelingen. Moderne Websites stellen…

Partner & Förderer