Klimawandel unterstützt Invasion gebietsfremder Schaderreger

Die aus Nordamerika eingeschleppte Kleinzikade Scaphoideus titanus lebt ausschließlich auf Reben, auf die sie die Flavescence dorée überträgt. BBA

Den meisten Schädlingen im Weinbau geht es nicht anders als uns: sie lieben die Wärme. Vielen Plagegeistern ist es in nördlichen Weinbergen noch zu kalt und ihr Verbreitungsgebiet wird hauptsächlich durch klimatische Faktoren begrenzt. Langjährige Beobachtungen belegen allerdings, dass sich die klimatischen Bedingungen im deutschen Weinbau ändern. So blühen die Reben in Bernkastel-Kues heute 12 bis 14 Tage früher als noch vor 35 Jahren. Einer der drei Workshops auf der am 9. Juni beginnenden internationalen Tagung „Introduction and Spread of Invasive Species“ in Berlin beschäftigt sich daher mit dem Einfluss des Klimawandels auf die Ausbreitung von Schaderregern. Rund 160 Wissenschaftler aus 35 Nationen diskutieren drei Tage lang, wie sich invasive Arten ausbreiten und wie die von ihnen ausgehende Bedrohung minimiert werden kann.

Zu den gefährlichsten Feinden der Rebe zählen Viren. Die Blattroll-Krankheit wird beispielsweise durch einen Viren-Komplex (GLRaV) verursacht, der weltweit vorkommt. Der vermutlich aus dem Nahen Osten stammende Erreger wird nicht nur durch die Veredlung auf infizierte Unterlagen verbreitet, sondern auch durch verschiedene Schild- und Wollausarten übertragen. Einige dieser Arten kommen in Deutschland bisher nur in Gewächshäusern vor. Sollten die klimatischen Bedingungen für sie in Zukunft günstiger werden, könnte es ihnen gelingen im Freiland zu überleben. Die Blattroll-Krankheit würde dann auch in nördlichen Weinbergen übertragen und könnte sich stärker ausbreiten.

Ein weiteres Beispiel ist Flavescence dorée, die wichtigste Vergilbungskrankheit der Rebe. Sie wird von Phytoplasmen verursacht, die durch die Kleinzikade Scaphoideus titanus übertragen werden. Sie verbreitet die Krankheit sehr effektiv und entfacht epidemische Krankheitsausbrüche. Krankheit und Überträger wurden wahrscheinlich aus Nordamerika eingeschleppt. Bisher blieben deutsche Weinberge verschont. Seit einigen Jahren erweitert die Kleinzikade allerdings ihr Verbreitungsgebiet nach Norden. Verantwortlich dafür ist vermutlich die außergewöhnlich warme Witterung des letzten Jahrzehnts. Bei weiteren klimatischen Veränderungen ist es daher nicht auszuschließen, dass die Zikade auch die deutschen Weinberge erreicht. „Wichtig wäre jetzt ein Monitoringprogramm, damit wir das Auftreten der Zikade möglichst früh entdecken“, sagt Dr. Michael Maixner von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft. „So hätten wir vielleicht noch eine Chance den Schädling auszurotten, bevor er große ökonomische Schäden anrichtet.“

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Dr. Manuela Röver idw

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