In Jenas Saaleauen den Artenverlust simulieren

DFG fördert Europas größtes Forschungsprojekt zur Artenvielfalt weiter

Tanzende Schmetterlinge, Blütenstaub sammelnde Bienen und hungrige Springschwänze in den Saaleauen bei Jena sind für Biologen, Ökologen, Zoologen und andere Wissenschaftler derzeit höchst interessante Forschungsobjekte. Ein international besetztes Spezialistenteam führt dort „das größte Forschungsprojekt zur Artenvielfalt in Ökosystemen durch, das es in Europa gibt“, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Weisser von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der auch Sprecher der Forschergruppe ist. Das 2002 gestartete Großprojekt „Forschergruppe Biodiversität“ hat von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) jetzt die Förderzusage für drei weitere Jahre erhalten.

Die Auswirkungen von Artenvielfalt und -verlust auf die Ökosysteme erkunden die Wissenschaftler dabei in einem Dutzend von Teilprojekten. „Wir untersuchen die Einflüsse von Insekten und Regenwürmern auf die Pflanzenpopulationen ebenso wie die Veränderung von Stickstoff- und Kohlenstoffgehalt im Boden bei unterschiedlichem Bewuchs der Versuchsflächen“, erklärt der Jenaer Professor für Terrestrische Ökologie Wolfgang Weisser. Biologen beschäftigen sich mit der Konkurrenzsituation von Pflanzen und untersuchen das Auftreten pathogener Pilze. „Bodenzoologen wollen aufklären, in welchem Umfang die Aktivität etwa von Springschwänzen in der Humusschicht das Pflanzenwachstum beeinflusst“.

Bei all dem arbeiteten Experten für Hydrogeologie, Biogeochemie, Bodenkunde, Botanik, Zoologie und Agroökologie zusammen. Neben der Universität und dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena sind auch Universitäten und Forschungseinrichtungen in Berlin, Potsdam, Leipzig, Darmstadt und Zürich beteiligt. „Darüber hinaus sind assoziierte Gruppen anderer Hochschulen, die ihr Geld nicht von der DFG bekommen, dabei. Zudem kooperieren wir mit Kollegen in England und den USA, die demnächst auch nach Jena kommen“, verweist Weisser auf die Vielfalt der wissenschaftlichen Kompetenz dieses Projektes.

Betätigungsfeld der Wissenschaftler sind die Saaleauen bei Jena. Dort wurden auf einer Fläche von rund zehn Hektar mehr als 470 Wiesenparzellen angelegt. „Ausgangspunkt für unsere Untersuchungen sind 60 auf mitteleuropäischen Wiesen weit verbreitete Pflanzenarten“, erklärt der Ökologie-Professor. Glatthafer, Wiesenklee, eine Vielzahl von Gräsern, Schmetterlingsblütler und andere „Unkräuter“ kommen auf den Parzellen in unterschiedlicher Mischung und Konzentration vor. Monokulturen sind ebenso vertreten wie Felder mit zwei, vier, acht, 16 und 60 Arten. „So haben wir auf unserer Versuchsfläche einen extremen Artenverlust simuliert, für den der Mensch und Umwelteinflüsse weltweit sorgen“, erläutert Weisser. Die Folgen dieser Entwicklung für die Ökosysteme und den Menschen wollen die am Projekt „Biodiversität“ Beteiligten wissenschaftlich belegen.

„Konkrete Ergebnisse können wir aus der ersten Projektphase bereits vorweisen“, sagt Weisser. „Je mehr verschiedene Pflanzen auf einer Parzelle wuchsen, um so größer war die Ausbeute bei der Heuernte“. Auch zeichne sich ab, dass die Mischung der Pflanzen unter funktionalem Aspekt, so das Vorkommen von Schmetterlingsblütlern, für Nährstoffgehalt – also den Ernteertrag – als auch eine Reihe von anderen Prozessen von wesentlicher Bedeutung sind.

Für die Fortsetzung der Forschungsarbeit an dem Projekt, an dem 40 bis 50 Professoren, Doktoren und Doktoranden, fünf Gärtner und viele studentische Hilfskräfte mitwirken, stellt die DFG bis Anfang 2008 rund drei Millionen Euro bereit.

Kontakt:
Prof. Dr. Wolfgang W. Weisser
Institut für Ökologie der Universität Jena
Dornburger Str. 159, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949400
Fax: 03641 / 949402
E-Mail: Wolfgang.Weisser@uni-jena.de

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Axel Burchardt idw

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