Melancholische Pferde, verhaltensgestörte Ratten, psychiatrisch kranke Menschen:

Untersuchungen zum Borna-Virus in der Freien Universität Berlin

Anfang Juli berichtete die „Washington Post“ ausführlich über Untersuchungen des Bornavirus. Dieses verursacht eine Virusinfektion im limbischen System des Gehirns bei Tieren mit neurologischen Symptomen und ist in psychiatrischen Störungen beim Menschen involviert. In Deutschland wird dieses Virus seit Jahren an der Freien Universität Berlin erforscht und in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut beim Menschen studiert.

Die Borna-Virus-Infektion wird seit über 300 Jahren beim Pferd beschrieben. Es ist nach der sächsischen Stadt Borna (bei Leipzig) benannt, wo es zu schwerer Krankheitsausbrüchen kam. Erste Erwähnung fand die Krankheit 1660 in der Abhandlung „Gestüt-Ordnung und gründliche Einzäumung, wie auch der Pferde Cur, und Artzney“. Die – vorwiegend – Armeepferde wurden zunehmend trübsinniger und unmotivierter und waren damit für den ihnen bestimmten Zweck unbrauchbar. Die Krankheit brach in endemischen Gebieten gehäuft aus und führte zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten. Nachfolgende Untersuchungen zeigten bereits, dass die Krankheit das Zentralhirn der Tiere befällt.

Seit den zwanziger Jahren ist das Borna-Virus (Borna Disease Virus, BDV) als Erreger neurologischer Erkrankungen bei weiteren Haustieren wie Schafen bekannt und kürzlich auch bei Katzen beschrieben worden. Diese Tiere können ebenso wie Pferde an der Krankheit sterben. Alle, natürlich wie künstlich infizierten, Tiere zeigen erhebliche Verhaltensänderungen: So ist z.B. das Flucht- und Essverhalten infizierter Ratten gestört, und es kommt zur „Fettleibigkeit“; des weiteren reagieren sie weniger auf Gefahr und zeigen deutlich Störungen im Lernverhalten.

Ab Mitte der 90er Jahre wird von Untersuchungen an der Freien Universität Berlin ausgehend – und weltweit bestätigt – eine BDV-Infektion bei Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen beobachtet. Auch hier beeinflusst das Virus Vorgänge im limbischen System des Gehirns. Als Auslöser der Krankheit bei Mensch und Tier wird Stress als ein Faktor angenommen. Dies ist nicht anders beim Pferd. Die Infektion läuft entlang der Nervenbahnen ins limbische System des Gehirns, wo sich das Virus in bestimmten Neuronen festsetzt. Wie kürzlich berichtet, wurden auf dem Gebiet der Diagnose und Therapie in den letzten Jahren beträchtliche Fortschritte gemacht.


Informationen: Prof. Dr. Hanns Ludwig, Freie Universität Berlin; FB Veterinärmedizin; Institut für Virologie; Königin-Luise-Str. 49, 14195 Berlin; Tel.: 030/838-55512/11, E-Mail: hluvirol@zedat.fu-berlin.de.
Prof. Dr. Ferdinand Hucho; FU Berlin; FB Biologie, Chemie, Pharmazie; Institut für Chemie und Biochemie, Thielallee 65, 14195 Berlin, Tel.: 838-55545 und
PD Dr. Liv Bode: Projekt Bornavirus-Infektionen am Robert Koch-Institut.

Media Contact

Hedwig Görgen idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer