Mikro(ben)zensus im Meer

Mit farbig markierten Gensonden lassen sich Mikroorganismen unterscheiden. Max-Planck-Institut Bremen

Das Meer beherbergt eine schwer vorstellbare Zahl an „unsichtbaren“ Mikroorganismen. Schätzungen gehen von 10 hoch 29 bis 10 hoch 30 Zellen aus. Mit ihren außergewöhnlicher Fähigkeiten beeinflussen sie die Biosphäre und auf die globalen Stoffkreisläufe entscheidend. Um zunächst einen Überblick über Artenreichtum und Populationsgrößen der Meeresbewohner zu bekommen, schlossen sich Forscher im internationalen Projekt „International Census of Marine Microbial Life“ (ICoMM) zusammen. Jetzt trafen sich im Bremer Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie Experten aus den USA, Spanien, Dänemark, den Niederlanden und Deutschland, um sich auf die Entwicklung und den Einsatz der dazu notwendigen Techniken zu einigen.

Das große Problem bei einem solchen „Mikrobenzensus“ ist, dass man bisher erst einen kleinen Teil der Meeresmikroorganismen kennt, da sie sich durch gängige Vermehrungsmethoden nur schwer identifizieren lassen. Hier hilft den Meeresbiologen heute, wie auch in der Gerichtsmedizin, der genetische Fingerabdruck weiter. Ein weiteres Problem ist die geringe Größe der Mikroorganismen. Sie sind nicht einfach zu zählen und nur mit besonderen Färbemethoden lassen sie sich unter dem Mikroskop unterscheiden. Gerade dieses Problem ist am Bremer Max-Planck-Institut gut aufgehoben. In den letzten Jahren entwickelten die Bremer Forscher mit der Fluoreszenz-in situ Hybridisierung eine schnelle Technik, mit der es möglich ist, einzelne Arten auch ohne Vorwissen schnell und exakt zu quantifizieren. Dabei machen sie sich die Unterschiede in den Gensequenzen der Mikroorganismen zunutze.

Die Vielfalt der Organismen und Habitate, die das offenen Meer genauso wie Küstenregionen, den Wasserkörper ebenso wie die den Meeresboden, die Oberfläche und die Tiefsee mit ihren heißen Quellen umfasst, erfordert für ein Projekt dieser Größe eine internationale Zusammenarbeit. Um diese erste große Volkszählung der Mikroben so effektiv wie möglich zu gestalten, müssen die erhobenen Daten vergleichbar sein. Bei ihrem Treffen in Bremen diskutierten die Forscher daher vor allem, welche Rahmendaten mit den Zählungen erhoben werden sollen, was dafür an Meßmethoden zur Verfügung steht und welche Methoden aktuell die besten Ergebnisse versprechen. Interessant dabei ist, dass die Technik der Genomsequenzierung inzwischen auch im Meer angekommen ist. Der Leiter der Gruppe, Prof. Dr. Rudolf Amann vom Bremer Max-Planck-Institut, ist optimistisch. „Diese erste große Zählung der marinen Mikroorganismen ist eine echte Herausforderung. Dazu brauchen wir viele Experten aus den verschiedensten Gebieten. Gerade heute ist aber durch die große internationale Aufmerksamkeit, die gerade auch die jüngste „Let’s sequence the ocean“-Aktivitäten von Craig Venter der Meeresbiologie gebracht haben, die Zeit reif für die Umsetzung eines solchen Großprojekts. Wir erwarten uns vom Mikobenzensus im Meer entscheidende Daten für ein besseres Verständnis des Systems Erde.“

Finanzielle Unterstützung für die erste Phase der internationalen Vernetzung kommt aus den USA. Die private Sloan-Foundation unterstützt die Bildung von Forschungsallianzen noch bis 2006.

Media Contact

Dr. Manfred Schloesser idw

Weitere Informationen:

http://www.mpi-bremen.de

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