Gefahr für einzelne Raupen, aber nicht für die Population

Der Monarch-Falter steht in den USA unter Naturschutz. Im Sommer ist er in vielen Regionen anzutreffen, vor allem im Mittleren Westen. Im Herbst wandert der Monarch mach Mexiko. Deren Nachkommen brechen im kommenden Frühjahr wieder nach Norden auf. (Foto: Monarch-Falter auf einer Milkweed-Pflanze).

Erneute Diskussion um Bt-Mais und Monarchfalter: Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat ergeben, dass Pollen von Bt-Mais langfristig die Larven des in den USA beliebten Monarchfalters schädigen kann. Die Schlussfolgerungen aus dieser Studie können unterschiedlicher kaum sein: Die Autoren der Studie sehen keine Gefährdung der Monarchfalter-Population, da nur ein kleiner Teil dieser Schmetterlinge mit dem Bt-Mais in Berührung kommt. Dagegen fordert Greenpeace ein Anbauverbot für Bt-Mais in Europa, da es keine vergleichbaren Langzeituntersuchungen mit heimischen Schmetterlingen gebe.

Es ist nicht die erste Studie, die sich mit möglichen Gefahren des Anbaus von Bt-Mais für den in den USA unter Naturschutz stehenden Schmetterling Daunus plexippus (Monarchfalter) beschäftigt. Die Auseinandersetzung begann vor fünf Jahren: Damals hatte eine Gruppe um John E. Losey von der Cornell University (New York) in Laborversuchen gezeigt, dass die Larven des Monarchfalters durch Fütterung mit Bt-Maispollen geschädigt werden können. Dieses Ergebnis sorgte für viel Diskussion und Medieninteresse.

Nun folgte eine zweijährige Studie, an denen sich die Universitäten von Guelph, Iowa State, Minnesota, Nebraska und Maryland sowie das US-Landwirtschaftministerium beteiligten. Dabei wurde untersucht, wie häufig Monarchfalter unter natürlichen Bedingungen überhaupt mit Pollen von Bt-Mais in Kontakt kommen und wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Schmetterlinge tatsächlich Bt-Pollen in für sie toxischen Mengen aufnehmen. Danach sind in den USA höchstens 0,012 Prozent aller Monarchfalterlarven durch die heute kommerziell angebauten Bt-Maissorten akut gefährdet. Die Wissenschaftler bewerteten dieses Ergebnis als vernachlässigbar geringes Risiko.

Diese und andere Untersuchungen beschäftigten sich allerdings nur mit den Folgen, wenn die Schmetterlingslarven dem Bt-Maispollen allenfalls vier bis fünf Tage ausgesetzt waren. Unter Feldbedingungen kommt ein geringer Teil der Monarchfalter (etwa 0,8 Prozent) jedoch zwölf Tage und länger mit Bt-Pollen in Kontakt. Die US-amerikanische Umweltbehörde EPA hatte deshalb weiterführende Untersuchungen zu möglichen Langzeiteffekten empfohlen.

Bt-Maispollen über mehrere Tage. Nun liegen die Ergebnisse von fünf dieser Studien vor. Bei den zweijährigen Untersuchungen wurden die Monarchfalterlarven bis zur Entwicklung eines fertigen Schmetterlings sowohl im Labor als auch in Bt-Maisfeldern kontinuierlich mit Pflanzenblättern ernährt, auf denen sich Bt-Maispollen befunden haben. Die Maispollen-Menge auf den Blättern entsprach der Konzentration, die innerhalb von Bt-Maisfeldern während der Maisblüte typisch ist.

Danach zeigt sich, dass ein längerfristiger Verzehr von Bt-Maispollen schädliche Auswirkung auf die Raupen und deren Entwicklung hat. Die Zahl der Larven, die sich in einem Bt-Maisfeld bzw. unter den im Labor simulierten Bedingungen zum fertigen Schmetterling weiterentwickeln konnten, sank um 23,7 Prozent. Die Entwicklungszeit verlängerte sich um durchschnittlich 1,8 Tage und das Gewicht der erwachsenen Schmetterlinge war ca. 5,5 Prozent geringer als bei den Kontrolltieren, die nicht mit Bt-Maispollen in Berührung kamen.

Die festgestellte schädliche Wirkung besteht jedoch nur für jene Monarchfalter, die über längere Zeit Bt-Pollen aufnehmen. Erst wenn berücksichtigt wird, wie viele Tiere in der größten Maisanbauregion der USA (dem corn belt) mit dem Bt-Mais tatsächlich in Berührung kommen, lässt sich der Einfluss von Bt-Mais auf die Gesamt-Population des Monarchfalters ermitteln. Die Wissenschaftler rechneten dazu zwei Szenarien durch. Sie gehen davon aus, dass 2,4 Prozent der Monarchfalter in den 16 Staaten des corn belt mit dem Bt-Maispollen in Berührung kommen.

  • Fall1: Da Bt-Mais die Mortalitätsrate der unmittelbar betroffenen Monarchfalter um 23,7 Prozent erhöht, ergibt sich daraus, dass die Gesamt-Population dieser Region um 0,6 Prozent abnimmt.
  • Fall 2: Es wird angenommen, dass die ebenfalls gemessenen längeren Entwicklungszeiten und das reduzierte Gewicht der erwachsenen Schmetterlinge einen zusätzlichen negativen Effekt auf die Fitness der Tiere haben und dadurch die Sterblichkeit zusätzlich ansteigt. Unter dieser – eher theoretischen – Annahme werden alle Tiere, die mit dem Bt-Maispollen in Berührung kommen, so geschädigt, dass sie sterben oder sich nicht reproduzieren. Danach wären nicht nur 0,6 Prozent, sondern 2,4 Prozent der Monarchfalter im corn belt betroffen.

Die Autoren weisen darauf hin, dass im corn belt der USA etwa die Hälfte der Monarchfalter lebt. Außerhalb dieser Region wird wenig Bt-Mais angebaut. Zudem fallen dort die Blühperiode und das Auftreten der Larven zeitlich nicht zusammen. Die berechnete geringfügige Schädigung sei demnach nur im corn belt zu erwarten. Eine Gefahr für die Monarchfalter-Population durch den Bt-Maisanbau in den USA bestehe nicht. Nach Auffassung der Autoren reduziert Bt-Mais die Menge der gegen den Maiszünsler (european corn borer) ausgebrachten Insektenschutzmittel. Die häufig eingesetzten Pyrethroide würden Monarchfalterlarven auf ihren Futterpflanzen innerhalb weniger Stunden abtöten.

Bt-Mais und Schmetterlinge: Ein Thema für die Sicherheitsforschung. In Deutschland liegen bisher kein derart detaillierten Langzeit-Untersuchungen über mögliche Gefährdungen von Schmetterlingsarten durch Bt-Mais vor. Im Rahmen der biologischen Sicherheitsforschung werden jedoch mehrere Projekte gefördert. Nach den bisher vorliegenden Ergebnissen sind keine Anzeichen für schädliche Auswirkungen durch den Pollen von Bt-Mais (MON810) auf einheimische Schmetterlinge zu erkennen. Dagegen zeigte sich ein deutlicher Insektizideffekt: Der Einsatz von Insektiziden verringert die Häufigkeit von Schmetterlingslarven auf ihren Futterpflanzen.

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