Molekulare Motoren als Verstärker im Ohr

Am 11. Januar 2005 in „PNAS“: Kölner Nachwuchsforscher bestätigen die Ähnlichkeit der Hörsysteme bei Wirbeltieren und Insekten

Das Ohr ist ein erstaunliches Organ, das selbst weit entfernte und sehr leise Töne wahrnehmen kann. Seine hohe Frequenzempfindlichkeit verdankt es kleinen Sinneszellen im Innenohr. Die Annahme, dass diese Zellen die durch den Schall ausgelösten Schwingungen im Ohr mit Hilfe winziger molekularer Motoren aktiv verstärken, konnte nun von einer Gruppe junger Wissenschaftler um Privatdozent Dr. Martin C. Göpfert vom Zoologischen Institut der Universität Köln belegt werden. Das Prinzip der Schallverstärkung gleicht dem einer Schaukel, deren Schwingungen durch Anstoßen verstärkt werden.

Die seit Oktober 2003 von der VolkswagenStiftung mit 1,3 Millionen Euro geförderte Kölner Nachwuchsgruppe „Active auditory mechanics in insects“ beschäftigt sich mit Hörvorgängen bei Insekten. Ähnlich wie Wirbeltiere haben auch Insekten spezialisierte Organe zur Aufnahme und Verarbeitung akustischer Signale. Damit eignet sich diese Tiergruppe als Modellsystem zur Analyse der entsprechenden mechanischen Prozesse und zellulären und molekularen Mechanismen. Konkret geht es Göpfert und seinem Team um die genauen Abläufe der mechanischen Verstärkung ins Ohr einfallender Reize. Forschungsobjekt ist neben Stechmücke und Nachtfalter auch die Taufliege Drosophila. Im Gegensatz zum komplexen und schwer zugänglichen Ohr der Wirbeltiere sind die Hörorgane bei Drosophila als Antennen ausgebildet.

Die Wissenschaftler verglichen die Funktionsfähigkeit der Sinneszellen in den Antennen normaler Drosophila mit der genetisch veränderter Tiere, deren molekulare Motoren defekt waren. Dabei zeigte sich, dass die Sinneszellen der nicht veränderten Fliegen aktiv Energie freisetzten und die Schwingungen der Antennen um das Fünffache verstärkten. Bisher war die Fähigkeit Energie zu erzeugen nur für isolierte Zellen aus dem Ohr von Wirbeltieren belegt. Mit ihren Untersuchungen an der Drosophila haben die Forscher dies nun zum ersten Mal an einem intakten Organ gezeigt.

Die Ergebnisse, die in der Zeitschrift „PNAS“ (Proceedings of the National Academy of Science), Ausgabe vom 11. Januar 2005, veröffentlicht werden, könnten künftig auch für den Menschen bedeutsam sein. Die jetzt bestätigte Ähnlichkeit der Hörmechanismen von Drosophila und Wirbeltieren sowie die gute Zugänglichkeit der Hörorgane bei Drosophila ermöglichen es, die genetischen Zusammenhänge von Hörschädigungen näher zu erforschen.

Kontakt VolkswagenStiftung
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