Lebensraum einer wichtigen Plankton-Art in der Ostsee reduziert sich auf schmale Wasserschicht

In der Juni – Ausgabe der Fachzeitschrift Journal of Plankton Research berichten der Warnemünder Meeresbiologe Frank Hansen und seine Kollegen Christian Möllmann, Ulrike Schütz und Hans-Harald Hinrichsen von Untersuchungen, die sie zu bestimmten Aspekten der Nahrungssituation wichtiger Ostseefische durchgeführt hatten. Gegenstand ihrer Studien war das so genannte Nähr-Plankton – mikroskopisch kleine Krebse, die die Nahrungsgrundlage von Fischlarven darstellen. Einem Vertreter dieser Gruppe, dem Ruderfußkrebs Oithona similis, wird seit einigen Jahren nachgesagt, dass seine Bedeutung auf Grund methodischer Mess-Fehler jahrzehntelang weltweit stark unterschätzt wurde. Generell gehören Ruderfußkrebse zu den häufigsten und am weitesten verbreiteten Meerestieren. Ihr Vertreter Oithona kommt in allen Meeren vor – ein marines Allround-Talent, dem, wenn die aktuellen Vermutungen stimmen, eine wichtige Rolle bei der Ernährung von Fischlarven zukommt.

Für die Autoren war dies Grund genug, sich den Lebensraum dieser vermeindlich reichen Nahrungsquelle für den Fisch-Nachwuchs in der Ostsee einmal genauer anzusehen. Die hier lebenden Fischbestände sind durch Überfischung und Milieuveränderungen bereits stark reduziert. Will man durch gezieltes Fischereimanagement zu einer Stärkung der Bestände kommen, so muss man die Ernährungssituation aber genau kennen.

Die Autoren fanden heraus, dass sich der Lebensraum von Oithona similis in der Bornholmsee auf eine Wasserschicht zwischen 50 und 80 m Wassertiefe beschränkt, mit einem klar umrissenen Häufigkeitsmaximum zwischen 60 und 70 m. In dieser Tiefe liegt in den Ostseebecken die so genannte Salzgehaltssprungschicht, die den Wechsel von sauerstoffarmem aber salzreichem Wasser in der Tiefe zu dem darüber liegenden gut durchlüfteten aber brackigen Wasser beschreibt. Dass der Ruderfußkrebs nicht noch tiefer abtaucht, war für die Meeresbiologen nicht verwunderlich, denn hier herrschen Dunkelheit und schlechtes Nahrungsangebot, vor allem aber Sauerstoffmangel vor. Dass sich sein Hauptverbreitungsgebiet jedoch auf eine nur 10 Meter dicke Wasserschicht beschränkt, erstaunte sie. Als Ursache nehmen sie die geringen Salzgehalte an, die in der Ostsee in den höheren Wasserschichten herrschen und in den letzten Jahren bedingt durch klimatische Veränderungen kontinuierlich abgenommen haben. Weil Oithona aber das Salz braucht, wie wir die Luft zum Leben, muss er sich in die Salz reicheren Tiefe zurückziehen und zwar gerade so weit, dass er noch genug Sauerstoff im Wasser vorfindet. Solche Bedingungen findet er in der zentralen Ostsee aber nur noch in einer 10 m-dicken Wasserschicht vor. Sollte die Klima bedingte „Aussüßung“ der Ostsee weiter fortschreiten, so ist zu befürchten, dass der in allen Meeren beheimatete Tausendsassa Oithona similis hier keinen Lebensraum mehr findet.

Die Untersuchungen wurden im Rahmen des europäischen Forschungsprojektes STORE (Environmental and fisheries influences on fish stock recruitment in the Baltic Sea) zur Verbesserung der wissenschaftlichen Basis des Fischereimanagements durchführt.

Kontakt: Dr. Frank Hansen, Leibniz-Institut für ostseeforschung Warnemünde, email: frank.hansen@io-warnemuende.de

Das IOW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

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Dr. Barbara Hentzsch idw

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