Runde Rohlinge und Bienenwärme ergeben perfekte Waben

Die sechseckigen Zellen einer Wabe entstehen nicht durch eine geniale architektonische Leistung der Bienen, sondern gewissermaßen ganz von alleine. Foto: Fiola Bock

Honigbienen bauen ihre Waben in einer derart exakten Geometrie, dass ihnen früher eine mathematische Begabung zugesprochen wurde. Die Wahrheit sieht aber anders aus: Bienen sind zwar keine genialen Architekten, verwenden dafür aber einen genialen Baustoff, nämlich ihr eigenes Wachs.

Die Waben der Honigbienen setzen sich aus perfekt gleichmäßigen sechseckigen Zellen zusammen. Darin lagern die Insekten ihre Nahrung – Honig oder Pollen – und ziehen ihre Brut groß. Die Zellenwände bestehen aus Wachs, das die Bienen in speziellen Drüsen am Hinterleib produzieren, und sind nur 70 tausendstel Millimeter dick.

„Bei der Erforschung dieser Bauleistung sind bisher vor allem Erkenntnisse über die Sinnesorgane der Bienen ans Licht gekommen“, sagt der Würzburger Bienenforscher Jürgen Tautz. So fand die Wissenschaft zum Beispiel heraus, dass die Fühler wichtige Messinstrumente sind, um die Dicke der Wände festzustellen, und dass ihr Schweresinn den Bienen dabei hilft, die Waben nach der Schwerkraft auszurichten.

Rätselhaft aber blieb, wie die exakte Geometrie der Zellen zu Stande kommt. Diese Frage haben die Würzburger Forscher Christian Pirk und Jürgen Tautz nun zusammen mit Randall Hepburn und Sarah Radloff von der Rhodes University in Südafrika geklärt: Die Bienen bauen keine Sechsecke, sondern weitgehend runde Zylinder. Während sie an diesen Rohlingen arbeiten, erwärmen sie das Wachs auf etwa 40 Grad Celsius. Dadurch beginnt es zu fließen und die energetisch sparsamste Form einzunehmen – die eines Sechseckes.

„Das lässt sich einfach simulieren, indem runde Zylinder aus dünnem Wachs miteinander in Kontakt gebracht und erwärmt werden. Es entsteht dann ganz von alleine das regelmäßige Sechseckmuster, wie wir es in der Bienenwabe finden“, erklärt Pirk. Die Honigbienen machen sich also physikalische Prinzipien zu Nutze. Darüber berichten die Wissenschaftler in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift „Naturwissenschaften“.

Die Forscher haben noch einen anderen Irrtum aus der Welt geräumt. Betrachtet man den Boden einer Zelle, dann sieht es so aus, als wäre er aus drei exakt eingepassten Rhomben gefertigt. Doch das ist nur eine optische Täuschung – der falsche Eindruck kommt zu Stande, weil der Blick durch die Wabe auf die gegenseitig liegenden Zellen führt, die zu den diesseitigen Zellen versetzt angeordnet sind. In Wirklichkeit ist der Boden einer jeden Zelle von Anfang an als Halbkugel geformt, wie Pirk sagt.

Die Arbeiten der Würzburger Bienenforscher werden finanziell unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten.

C.W.W. Pirk, H.R. Hepburn, S.E. Radloff et al.: „Honeybee combs: construction through a liquid equilibrium process?“, Naturwissenschaften, online publiziert am 15. Juni, DOI: 10.1007/s00114-004-0538-4.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Jürgen Tautz, T (0931) 888-4319, Fax -4309, E-Mail: tautz@biozentrum.uni-wuerzburg.de

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