Online den Meeresgrund erforschen: Prototyp des ersten Internet-gesteuerten Tiefseeroboters fertig

Erster Internet-steuerbarer Tiefsee-Roboter des internationalen Forschungskonsortiums IRCCM, dessen Entwicklung von der IUB koordiniert wurde

An der International University Bremen wurde heute der Prototyp des ersten Internet-gesteuerten Tiefseeroboters vorgestellt. Der „Crawler“ ist Bestandteil eines durch den Forschungsverbund IRCCM entwickelten Tiefseeobservatoriums, das für die Erforschung von Geologie und Ökologie des Meeresgrundes ebenso wie die Erdbebenüberwachung oder die Überwachung von Offshore-Anlagen der Erdöl- und Erdgasindustrie eingesetzt wird.

Das Tiefseeobservatorium besteht aus einem Landesystem mit einer zentralen Messeinheit zur Untersuchung von Prozessen in den Wasserschichten in Meeresboden-Nähe und drei bis vier autonomen Roboterfahrzeugen, den sogenannten Crawlern. Die Crawler sind mit Web-Kameras mit Dreh-, Schwenk- und Zoomfunktion ausgestattet, die eine optische Orientierung für das gezielte Ansteuern von Positionen am Meeresboden im Umkreis von 30-50 m um die zentrale Messeinheit ermöglichen. Darüber hinaus können die Roboter mit unterschiedlichen modularen Messsystemen ausgestattet werden, die Messdaten in hoher räumlicher Auflösung am Meeresgrund erfassen. Die Videobilder und Messdaten können über die zentrale Messeinheit direkt online aus Meerestiefen bis zu 6000 m mittels landverbundenem Glasfaser/Stromkabel von den angeschlossenen Datenzentralen abgerufen werden.

Neu ist, dass die Tiefsee-Crawler weltweit von landbasierten PCs aus über das Internet angesteuert werden können. Vergleichbare Forschungsgeräte konnten bisher nur von Forschungsschiffen aus betrieben werden. Durch den Wegfall begrenzter Schiffszeiten sind auf diese Weise sind erstmals Langzeitbeobachtungen bei geringer Wartungsintensität (Wartung all sechs bis zwölf Monate) möglich.

Einsatzbereiche des Roboters

Einsatzbereiche für das Tiefseeobservatorium sind die Erforschung von Geologie und Ökologie des Meeresgrundes ebenso wie die Erdbebenüberwachung. Derzeit laufen weltweit mehrere Projekte an, die eine Online-Erforschung der Tiefsee ermöglichen sollen, allen voran das amerikanische Neptune Program (Washington University), welches die Verkabelung von 3000 km Meeresboden entlang der Nordwest-Amerikanischen Küste vorsieht und unter anderem zur Erdbeben- und Tsunami-Warnung aufgebaut werden soll. Der Einsatz des Observatoriums ist dort ab Herbst 2004 geplant. Das Observatorium kann auch in der meeresbasierten Erdöl- und Erdgasindustrie zur Überwachung von Offshore-Anlagen eingesetzt werden.

Darüber hinaus bietet sich die Online-Observation des Meeresgrundes als einmalige Plattform an, um die Bedeutung von Prozessen am Meeresgrund und deren Erforschung einem breiten Publikum näher zu bringen. Auf der Website http://www.deepseacam.com kann die Entwicklung des Projektes der öffentlich zugänglichen Tiefsee-Web-Kamera ab 10. April 2004 verfolgt werden.

Beteiligte Kooperationspartner und Messmodulausstattung der Roboter

Die Entwicklung des Tiefsee-Crawlers wurde von der IUB koordiniert und erfolgte innerhalb der letzten acht Monate in enger Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) und der Firma Meerestechnik Bremen. Ausgerüstet werden die Crawler mit speziellen Sensor-Modulen, die von verschiedenen Partnern des Forschungskonsortiums IRCCM in Zusammenarbeit mit Meerestechnik-Unternehmen entwickelt wurden. Das Sonden-Modul des Bremer Max-Planck-Institutes für Marine Mikrobiologie ermöglicht die Feinsterfassung von Sauerstoff- und Nährstoff-Gradienten in den obersten Schichten des Meeresbodens und kann auch zur Messung bakterieller Aktivitäten eingesetzt werden. Das Modul „Hydroakustik“ wird zusammen von der IUB und dem DFG-Forschungszentrum Kontinentalränder der Universität Bremen in Zusammenarbeit mit der Firma Bremerhavener a.r.sTech entwickelt und dient zur hochauflösenden Kartierung der oberen Sedimenthorizonte. Das vom Kieler Meeresforschungsinstitut IfM-GEOMAR entwickelte Modul „Schlierenoptik“ wurde am niederländischen Royal Netherlands Institute for Sea Research NIOZ vervollständigt und kann Methanaustritte am Meeresboden quantifizieren. Das Modul „Benthische Kammer“ der TUHH erlaubt die Simulation von Bodenströmungen auf Sedimentoberflächen.

Finanzierung

Das an der IUB vorgestellte System wurde maßgeblich von dem norwegischen Ölkonzern Statoil ASA finanziert.

International Research Consortium on Continental Margins IRCCM

Die Aktivitäten des IRCCM verknüpfen wissenschaftliche und wirtschaftliche Ziele bei der Erforschung der Kontinentalränder. Diese sind die Meeresregionen, in denen die Landmasse der Kontinente von flachen Wassertiefen in die Bereiche der Tiefsee übergehen. Sie sind Brennpunkte verschiedenster geologischer, biologischer und chemischer Prozesse. Sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht, etwa bei der Erschließung von Energiequellen, als auch in bezug auf Umweltfragen und Klimaforschung kommt ihnen eine große Bedeutung zu. Das Konsortium besteht aus acht wissenschaftlichen Einrichtungen und drei industriellen Partnern. Zu den wissenschaftlichen Einrichtungen zählen, neben der IUB, die Universitäten Bremen, Washington (Seattle) und New Hampshire, die Rice University (Texas) sowie das Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie Bremen, das Alfred-Wegener-Institut für Polarforschung in Bremerhaven und das IfM-GEOMAR Institut Kiel. Assoziierte Partner sind das französische Meeresforschungsinstitut Ifremer (Brest), das englische Southampton Oceanographic Center und die TUHH. Die direkte Kooperation mit der Industrie ist durch die Teilnahme der drei industriellen Partner, dem deutschen Technologieunternehmen Integrated Exploration Systems (IES), dem dänischen Öl- und Gaskonzern Maersk und dem norwegischen Ölkonzern StatOil, gesichert. Die IUB koordiniert die Aktivitäten des Konsortiums, stellt Industriekontakte zu den Forschungsinstitutionen her und strebt verstärkt an, die Ausbildung innerhalb des Konsortiums weiter zu internationalisieren.

Bei Fragen wende Sie sich bitte an:

Dr. Laurenz Thomsen
Professor of Geosciences, International University Bremen
Tel.: 0421-200-3254
E-Mail: l.thomsen@iu-bremen.de

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Dr. Kristin Beck idw

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