Leuchtend blau umhüllte Viren

GBF-Forscher erfinden Färbemethode zum Erreger-Nachweis

Eine einfache, schnelle und preisgünstige Methode, die Zahl von Viren in einer Nährlösung zu bestimmen, haben Wissenschaftler der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) in Braunschweig erfunden. Dr. Manfred Wirth und Dr. Christiane Beer benutzen dazu den Farbstoff Filipin, der an Cholesterin-Moleküle in der Hülle der Viren bindet. Bestrahlt man sie mit Licht einer bestimmten Wellenlänge, fluoresziert das Filipin und die Virus-Partikel beginnen zu leuchten, so dass man sie im Lichtmikroskop bei nur 1000-facher Vergrößerung erkennen und zählen kann. Das Verfahren dürfte besonders für den Einsatz bei biotechnologischen Herstellungsprozessen interessant sein.

„Viren sind häufig unerwünschte Begleiter, wenn man Produkte aus Zellkulturen herstellt“, erklärt Wirth. „Antikörper werden zum Beispiel in einem gängigen Verfahren aus Kulturen von genetisch veränderten Mäusezellen gewonnen. Im Überstand der Kulturlösung findet man dann vielfach nicht nur die erwünschten Antikörper, sondern auch Mäuse-Viren.“ Deshalb muss man für medizinische Anwendungen zuverlässig nachweisen, dass die Lösung nach der Aufreinigung keine Viren mehr enthält. Ein solcher Nachweis wird bisher durch elektronenmikroskopische Aufnahmen geführt, was teuer und aufwändig ist.

Dass es jetzt auch einfacher geht, verdanken die Forscher den Eigenheiten des Fortpflanzungszyklus der meisten Viren: Nachdem diese sich innerhalb der Zelle vermehrt haben, verlassen sie sie wieder, um neue Zellen zu infizieren. Dabei treiben viele Viren regelrecht Knospen aus der Zelloberfläche. Wenn sich diese Knospen abgelöst haben, nehmen die Viren sozusagen ein Stück Membran aus der Zelloberfläche mit – in Form einer bläschenartigen Virushülle. Weil die tierische Zellmembran reichlich Cholesterin enthält, findet sich dieses Fettmolekül auch in der Virushülle und kann mit Filipin angefärbt werden, so dass es im Fluoreszenzmikroskop blau aufleuchtet. „Leider gibt es auch einige Virentypen, die sich nicht mit Hüllen umgeben. Die werden mit unserer Methode nicht erfasst“, bedauert Wirth. Aber: „Retroviren, die als Kontamination von Zellkulturen besonders gefürchtet sind, sowie viele andere Viren haben eine Hülle. Und ein einfacher Vorab-Test auf Viren-Verseuchung kann bei der Herstellung medizinischer Produkte schon viel Geld sparen.“

Übrigens kann man die Methode andersherum auch in Fällen einsetzen, in denen Virus-Vermehrung erwünscht ist. „Retroviren werden manchmal bewusst hergestellt“, erklärt Wirth. „Man benötigt sie als Impfstoffe oder als DNA-Überträger in der Gentechnik. Mit unserem Verfahren lässt sich leicht nachprüfen, wie effizient die Viren-Produktion läuft.“

Hinweis für die Medien

Das beschriebene Verfahren ist unter den Nummern PCT/EP02/11640 (Europa) und US-2003-0082520-A1 (USA) zum Patent angemeldet.

Einzelheiten zum Filipin-Färbeverfahren für Viren sind nachzulesen in dem Buch Animal Cell Technology meets Genomics/Proceedings of the 18the ESACT meeting, Kluwer Academic Publishers, Dordrecht/Niederlande, das in Kürze im Fachhandel erscheint.

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Thomas Gazlig idw

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