Insekten atmen anders

Ein Mainzer Forscherteam um den Genetiker Thomas Hankeln und den Zoologen Thorsten Burmester entdecken ein Hämoglobin der Fruchtfliege

Sauerstoff ist der universelle Treibstoff des Lebens in Menschen, Tieren und Pflanzen. Um Sauerstoff aus der Luft zu den inneren Organen zu transportieren, besitzen viele Tiere im Blut ein spezialisiertes Atmungsprotein, das Hämoglobin. Wegen seiner enormen Bedeutung für die Funktion des Organismus ist es nicht weiter verwunderlich, dass Hämoglobin wohl das am besten erforschte Protein überhaupt ist. Bislang wurde angenommen, dass Insekten, die bei weitem artenreichste Gruppe im Tierreich, zumeist kein Hämoglobin besitzen. Insekten atmen nämlich über „Tracheen“, lange röhrenartige Einstülpungen, welche die inneren Organe direkt mit der Luft verbinden. Lediglich in einigen Mückenlarven, die in sehr sauerstoffarmen Gewässern leben, waren Hämoglobine schon seit einiger Zeit bekannt.

Wie jedoch ein Forscherteam um den Genetiker Thomas Hankeln und den Zoologen Thorsten Burmester von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in der Fachzeitschrift Journal of Biological Chemistry (J. Biol. Chem. 277, 29012-29017) berichtet, sind Hämoglobine bei Insekten wohl viel weiter verbreitet als bislang angenommen. In Zusammenarbeit mit belgischen und französischen Kollegen konnten die Mainzer Forscher zeigen, dass auch die Fruchtfliege Drosophila melanogaster ein derartiges Atmungsprotein ihr Eigen nennt. Drosophila ist eines der Paradeobjekte der modernen Biologie und kann als ein typisches Insekt betrachtet werden, das nach bisheriger Ansicht kein Hämoglobin zu brauchen schien. Zu ihrer Überraschung fanden die Wissenschaftler das Hämoglobin bei der Fliege nicht – wie bei den meisten anderen Tieren – im Blut, sondern in den Tracheen. Ihren Ergebnissen zufolge vermittelt das Hämoglobin dort sehr wahrscheinlich den Transport des Sauerstoffs von der Luft hin zu den Organen.

Nach der erst kürzlich erfolgten Beschreibung der Neuroglobine und Cytoglobine beim Menschen und anderen Wirbeltieren durch die beiden Mainzer Forscher (Nature 407, 520-523; Mol Biol. Evol. 19, S. 416-421) wird ihre jetzige Entdeckung als ein weiterer Meilenstein gesehen bei den Bemühungen, die Sauerstoffversorgung in Tieren besser zu verstehen.

Kontakt und Informationen:
Fachbereich Biologie
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
PD Dr. Thorsten Burmester
Tel. 06131/39-24477
Fax 06131/39-24652
E-Mail: burmeste@mail.uni-mainz.de
PD Dr. Thomas Hankeln
Tel. 06131/39-23277
Fax 06131/39-25346
E-Mail: hankeln@molgen.biologie.uni-mainz.de

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Petra Giegerich idw

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