Schlangen sind nicht überall gleich giftig

Ein Forscherteam des Biomedizinischen Instituts der Universität von Valencia hat das Gift von südamerikanischen Lanzenottern in verschiedenen Regionen Costa Ricas untersucht und dabei festgestellt, dass es sich je nach Lebensraum erheblich voneinander unterscheidet.

Die chemische Zusammensetzung des Gifts hänge stark vom Ort der Herkunft und vom Alter der Schlange ab. Die Untersuchung macht deutlich, warum es trotz Verabreichung eines Serums nach einem Schlangenbiss zu Todesfällen kommt, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature.

Das Team um Juan Calvete hatte 26 adulte und mehr als 40 juvenile Lanzenottern der Spezies Bothrops asper in der karibischen und in der pazifischen Region Costa Ricas untersucht. Die beiden Territorien sind durch ein Gebirge seit rund fünf Mio. Jahren räumlich voneinander getrennt. Demnach konnten die Forscher mehr als 27 Proteine im Schlangengift einer Population finden, die jeweils nur bei einer Gruppe vorkamen.

„Dass das Gift von Schlangen derselben Spezies, allerdings verschiedener geografischer Herkunft, sich stark voneinander unterscheidet, ist nichts neues“, meint der Kustos der Herpetologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums Wien, Heinz Grillitsch, im pressetext-Interview. Bekannt sei das auch bei mitteleuropäischen Kreuzottern im Vergleich mit Kreuzottern aus Südost-Europa. „Obwohl es sich um dieselbe Spezies handelt, haben sich in dem großen Gebiet verschiedene Rassen bzw. Unterarten entwickelt, die auch verschiedenartig zusammengesetzte Gifte produzieren.“ Anders als etwa das Toxin von Pfeilgiftfröschen, das durch die spezifische Nahrung – zumeist Ameisen oder andere Insekten – aufgenommen wird, sei die Giftherstellung bei Schlangen ein äußerst komplexer Vorgang, der nichts mit der Art der Beute zu tun habe. „Wesentlich für die Ausformung der verschiedenartigen Giftzusammensetzung bei den untersuchten Lanzenottern Costa Ricas ist die räumliche Trennung der beiden Populationen, unter der es zu keinem Genaustausch mehr gekommen ist und die sich dadurch auch verschieden entwickelt haben.“

Für die Serologen hat die Entdeckung der spanischen Forscher allerdings bedeutende Auswirkungen: Das Gift der karibischen Lanzenotter-Population wies etwa mehr als 400 Prozent höhere Werte der Serinprotease, um 200 Prozent mehr L-Aminosäure-Oxidase und um 160 Prozent mehr Disintegrin als jenes der pazifischen Gruppe auf. Das sei auch der Grund, warum Bisse der karibischen Schlangen häufiger eine blutgefäßzerstörende Wirkung zeigten. Variationen in der Zusammensetzung des Gifts konnten die Forscher auch bei unterschiedlichem Alter der Schlangen feststellen.

Die Kombination aus hoher abgegebener Giftmenge, hoher Giftigkeit, geringer Fluchtbereitschaft, vergleichsweise hoher Aggressivität, häufigem Aufenthalt in menschlichen Siedlungen und relativ großer Verbreitung macht B. asper in ihrem Areal zur mit Abstand medizinisch relevantesten Schlange. Sie ist innerhalb ihres Vorkommens von Nordost-Mexiko bis Kolumbien und Venezuela für den Großteil der Vergiftungen durch Schlangenbisse und für fast alle Todesfälle verantwortlich. In Costa Rica sind 65 Prozent der Vergiftungen auf Bothrops asper zurückzuführen. In dem mittelamerikanischen Land wurden zwischen 1990 und 2000 jährlich rund 500 Menschen von Giftschlangen gebissen.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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