Wie Schmetterlingsmännchen ihre Nachkommenschaft in Gefahr bringen

Wissenschaftler der Freien Universität Berlin und der niederländischen Universität Wageningen haben die Wirtssuche parasitischer Wespen erforscht. Sie zeigten durch chemisch-ökologische Analysen, dass parasitische Wespen, die Schmetterlingseier an Pflanzen befallen, durch Signale der eierbelegten Blattoberfläche bei ihrer Suche nach Wirtseiern geleitet werden.

Die pflanzlichen Signale werden durch eine Substanz ausgelöst, die von den Schmetterlingsmännchen bei der Paarung an die Weibchen abgegeben wird.

Schmetterlingsmännchen des Großen Kohlweißlings markieren bei der Paarung die Weibchen mit einer antiaphrodisierenden Substanz (Benzylcyanid), die ihre Weibchen nach der Paarung weniger attraktiv macht für andere Männchen. Auf diese Weise können die Männchen ihre Vaterschaft besser sichern. Diese aus männlicher Sicht zunächst vorteilhafte Seite des Antiaphrodisiakums hat gleich zwei Kehrseiten: Zum einen werden parasitische Schlupfwespen, die sich von den Eiern des Weibchens ernähren, durch das Antiaphrodisiakum angelockt.

Die Parasiten klettern auf das Schmetterlingsweibchen und fliegen mit diesem zu der Pflanze, wo die Eier abgelegt werden. Diese werden von den Wespen sofort befallen. Die Parasiten töten die angehenden Raupen schon im Ei. Diese Befunde hatten die Berliner und Wageninger Wissenschaftler schon 2005 in der Zeitschrift Nature publiziert.

Über eine neue Erkenntnis und die zweite Kehrseite des Antiaphrodisiakums schreiben die Wissenschaftler nun in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences, USA: Wenn das Schmetterlingsweibchen seine Eier auf den Blättern einer Kohlpflanze ablegt, gibt es zugleich etwas von dem Antiaphrodisiakum ab. Die mit Schmetterlingseiern belegten Blätter reagieren auf die Substanz mit chemischen Veränderungen, die den parasitischen Wespen signalisieren, dass Eier in der Nähe sind. Die Wespen werden angeregt, verstärkt nach Schmetterlingseiern zu suchen.

Für die Pflanze hat dies den Vorteil, dass durch den vom Schmetterlingsmännchen stammenden Auslöser eine Blattveränderung induziert wird, welche der Pflanze letztlich zur Verteidigung gegen gefräßige Schmetterlingsraupen dient, denn in den von Schlupfwespen parasitierten Eiern können sich keine Raupen entwickeln. Da die Substanz in den eierbelegten Pflanzen diese Abwehrreaktion hervorruft, bringt der Schmetterlingsvater mit dem Antiaphrodisiakum die Nachkommenschaft nochmals in Gefahr. Es bleibt zu untersuchen, inwiefern die Reaktionen der Wespen und der Pflanzen auf das Antiaphrodisiakum einen Selektionsdruck auf das Markierungsverhalten der Schmetterlingsmännchen bei der Paarung ausüben.

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Professor Dr. Monika Hilker Freie Universität Berlin, Angewandte Zoologie / Ökologie der Tiere, Telefon: 030 / 838-53918, E-Mail: hilker@zedat.fu-berlin.de

Dr. Nina Fatouros, Laboratory of Entomology, Wageningen Universität, E-Mail: nina.fatouros@wur.nl

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Kerrin Zielke idw

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