Heftiger Sex lässt Chamäleons früh sterben

Ein Forscherteam der University of Oklahoma hat einen Entwicklungszyklus bei madagassischen Chamäleons entdeckt, der sie eher an jenen von Insekten erinnert: Das kleine Reptil verbringt zwei Drittel seines Lebens in seinem Ei.

Dann schlüpft es, wächst innerhalb zweier Monate zur Geschlechtsreife heran, pflanzt sich fort und stirbt ehe der Nachwuchs das Licht der Welt erblickt hat, berichtet das Wissenschaftsmagazin New Scientist in seiner Online-Ausgabe.

Die erstaunliche Geschichte von Furcifer labordi haben Forscher um Kris Karsten nun erstmals in freier Wildbahn auf der Insel Madagaskar erforscht. Die Chamäleon-Spezies gehört zu den kleinsten Vertretern der Art. Männchen erreichen eine Größe von rund neun, Weibchen sogar von nur sieben Zentimetern Länge. „Ich dachte, dass es seltsam ist, dass es in freier Wildbahn nur adulte Tiere dieser Art gibt“, so Karsten. In einer aufwändigen Forschungsarbeit untersuchte das Team mit Hilfe von Radiosendern 400 Chamäleons und ihren Lebens- und Fortpflanzungszyklus.

Demnach schlüpfen die Jungtiere Anfang November fast gleichzeitig. Innerhalb von sieben Wochen waren sie bereits erwachsen. Ausnahmslos starben alle erwachsenen Tiere im April des darauf folgenden Jahres – knapp vor dem Einsetzen der Trockenzeit. Kurz vor dem Tod reifen in jedem Weibchen ungefähr zwölf Eier heran, jedes ist ungefähr 1,2 Zentimeter groß, die dann abgelegt werden und acht Monate lang in Erdlöchern von der Wärme der Sonne ausgebrütet, ehe sie im November schlüpfen und der ganze Zyklus wieder von vorne beginnt.

Karsten nimmt an, dass der energieintensive Reproduktionsakt den Chamäleons nach vier bis fünf Monaten Lebenszeit schließlich das Leben kostet. In bisher unveröffentlichten Experimenten konnte der Forscher feststellen, dass das Sexualverhalten der kleinen Reptilien ein energetisch aufwändiges Unterfangen für beide Partner darstellt. „Zunächst raufen sich die Männchen in langen Kämpfen um ein Weibchen, ehe es dann zu einem nicht minder heftigen Paarungsgeschehen zwischen den beiden Geschlechtspartnern kommt“, erklärt der Forscher. Die Trockenzeit in Madagaskar ist eine starke physiologische Belastung sodass viele Tiere eine Art „Winterschlaf“ halten, um Energie zu sparen. Offensichtlich gibt es aber auch Arten, die das Problem durch den Tod lösen, so der Experte.

„Harte äußerliche und soziale Umfelder können tatsächlich zu hohen Sterberaten unter adulten Tieren führen“, meint Heinz Grillitsch, Kustos der Herpetologischen Sammlung am Naturhistorischen Museum Wien gegenüber pressetext. Es sei für manche Spezies durchaus sinnvoll die ganze Energie in einen einzelnen Reproduktionszyklus zu bündeln. „Möglicherweise ist das bei manchen Chamäleonspezies weiter verbreitet, als bisher angenommen.“

Grillitsch berichtet, dass er selbst Chamäleon-Weibchen gesehen hat, die völlig abgemagert immer noch Eier in sich getragen haben und kurz nach dem Ablegen gestorben sind. Karsten vermutet zudem auch, dass diese Tierart sehr hohe Werte der Sexualhormone in sich tragen. Das könnte das aggressive Paarungsverhalten erklären, aber auch den frühen Tod.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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