Gemeinsam gegen HIV

Um die Erforschung des Erregers weiter voranzubringen, haben sich Wissenschaftler der Universität Würzburg mit Kollegen in Südafrika zusammengetan: In einem neu eingerichteten Internationalen Graduiertenkolleg befassen sie sich mit HIV/Aids und assoziierten Infektionskrankheiten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Arbeiten in den kommenden viereinhalb Jahren mit rund 2,2 Millionen Euro.

In Graduiertenkollegs arbeiten Doktoranden in einem koordinierten Forschungs- und Studienprogramm gemeinsam an einem Thema. Dabei werden sie von mehreren Hochschullehrern betreut. Das neue Kolleg, das die DFG der Universität Würzburg im Mai bewilligt hat, ist das erste deutsch-afrikanische Graduiertenkolleg überhaupt. Sein Sprecher in Würzburg ist der Virologe Axel Rethwilm, in Südafrika der Virologe Wolfgang Preiser von der Universität Stellenbosch.

An der Uni Würzburg stehen unter dem Dach des neuen Graduiertenkollegs ab Oktober Stipendien für elf naturwissenschaftliche und zwei medizinische Doktoranden zur Verfügung. Hinzu kommen in Südafrika zwölf Stipendien für Naturwissenschaftler, die dort ab Januar voraussichtlich von der National Research Foundation finanziert werden.

Mehrere Würzburger Arbeitsgruppen wirken an dem Projekt mit: Die Infektionsimmunologen Heidrun Moll und Joachim Morschhäuser bringen ihre Expertise über den Parasiten Leishmania und den krank machenden Pilz Candida ein. Beide Erreger haben besonders leichtes Spiel bei HIV-Infizierten, weil deren Immunabwehr geschwächt ist. Mit im Kolleg ist auch die Malaria-Expertin Gabriele Pradel. Wenn sich HIV-Patienten zusätzlich mit Malaria infizieren, wirken beide Erreger synergistisch; sie setzen den Betroffenen im Verbund also deutlich stärker zu als jeweils im Alleingang. Auch Infektionen mit Würmern und Staphylokokken sind im Zusammenhang mit HIV problematisch. Mit diesen Themen befassen sich Klaus Brehm, Matthias Frosch und Bhanu Sinha.

Manfred Lutz und Thomas Hünig, der schon seit Längerem mit Wissenschaftlern in Südafrika kooperiert, bringen zwei Projekte aus dem Bereich der Immunologie ein. Die Virologin Eleni Koutsilieri erforscht die Auswirkungen des HI-Virus auf das Gehirn – denn der Erreger bewirkt nicht nur eine Immunschwäche, sondern auch direkt eine schwere neurologische Erkrankung, bei der die Nervenzellen im Gehirn zunehmend dahinschwinden. Die Virologin Sibylle Schneider-Schaulies ergründet generell die Mechanismen, mit denen Viren das Immunsystem unterdrücken. Schließlich betreuen die Virologen Jochen Bodem und Axel Rethwilm zwei Projekte, die sich mit der Variabilität von HIV und der Entwicklung medikamentenresistenter Viren beschäftigen.

Neben diesen grundlagenorientierten Vorhaben gehört auch ein klinisches Projekt ins Programm. Verantwortlich dafür ist Hartwig Klinker, dessen Team auf dem Gebiet des therapeutischen Drug-Monitoring bei HIV-Patienten in Deutschland führend ist: Die Würzburger haben Methoden entwickelt, um die Konzentration der Anti-HIV-Medikamente im Blut zu bestimmen. Dadurch ließen sich Medikamentenkombination und Dosis den jeweiligen Erfordernissen so gut anpassen, dass die Effizienz der Therapie deutlich verbessert wurde. Das soll künftig auch den Patienten in Südafrika zu Gute kommen.

„Jede unserer Arbeitsgruppen kooperiert mit einem Forschungsteam in Südafrika“, sagt Axel Rethwilm. Die Kontakte sollen, außer über Internet und E-Mail, auch persönlich stattfinden: „In unserem Budget ist viel Geld für Reisen vorgesehen, so dass häufig Besuche bei den Partnern vor Ort möglich sind.“

Das Graduiertenkolleg geht auf das Jahr 2005 zurück. Damals vereinbarte eine bayerische Delegation, zu der auch Rethwilm und Klinker gehörten, in Südafrika ein gemeinsames Aktionsprogramm zur Aids-Bekämpfung mit der Region Westkap. Bayern und Westkap sind seit 1995 Partnerregionen; Schwerpunkte der Zusammenarbeit liegen in den Bereichen Soziales, Bildung sowie wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit. „Entsprechend hat der Freistaat am Entstehen des Graduiertenkollegs auch finanziell mitgewirkt“, sagt Rethwilm.

Ein Ausblick des Würzburger Virologen: „Mit rein medizinischer Forschung wird man das HIV-Problem in Südafrika nicht in den Griff bekommen.“ Denn die starke Verbreitung des Virus habe vor allem auch soziale Gründe: „Viele Südafrikaner in den Townships wissen nicht, ob sie in den nächsten Tagen genug Nahrung zum Überleben haben werden. Wenn es um HIV geht, denken diese Menschen nicht in einer Perspektive von mehreren Jahren voraus.“

Weitere Informationen: Prof. Dr. Axel Rethwilm, T (0931) 201-49554, rethwilm@vim.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de

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