Lemuren verraten genetische Fitness über Geruch
Bei Lemuren geht der Geruch offenbar Hand in Hand mit der Vielfalt ihrer genetischen Anlagen, berichten Forscher der australischen Duke University in der Fachzeitschrift Molecular Ecology.
Die Zusammensetzung des chemischen Geruchscocktails spiegle die genetischen Qualitäten der Männchen und damit ihre Eignung als Fortpflanzungspartner wider. Anhand dieses olfaktorischen Etiketts könnten dann die Weibchen den vielversprechendsten Bewerber erkennen.
Darüber hinaus stellte das Team um die Biologin Christina Drea fest, dass der männliche Geruch auch Aufschluss darüber geben kann, inwieweit zwei Tiere miteinander verwandt sind. Allerdings hätten sich beide Phänomene nur während der Paarungszeit beobachten lassen, also in der Zeit, in der die Männchen untereinander in scharfer Konkurrenz stehen.
Die australischen Wissenschaftler hatten die chemische Zusammensetzung der Eigengerüche von Kattas, den wohl bekanntesten Vertretern der Lemurenfamilie, mittels Gaschromatograph und Massenspektrometer analysiert. Die männliche Vertreter dieser Art besitzen Geruchsdrüsen an Handgelenken, Schultern und Genitalien, aus denen verschiedene Duftstoffe abgegeben werden. Andere Arten haben derartige Drüsen auch auf Kopf, Brust oder den Händen. Die Drüsen an den Handgelenken dienen den Tieren, um per Duftmarke ihr Territorium zu markieren oder zum Kampf mit anderen Männchen ihren Schwanz zu „parfümieren“. In den Duftgemischen der männlichen Kattas konnten die Wissenschaftler rund 200 verschiedene chemische Substanzen nachweisen. Je vielfältiger der Genpool der Tiere war, desto komplexer seien auch die duftenden Botschaften ausgefallen. Zudem zeigte sich, dass je weniger die Männchen miteinander verwandt war, sich auch ihr Duft umso deutlicher unterschied.
Ein solches duftenden Namensschild zu tragen, das genetische Fitness und Abstammung verrät, sei wahrscheinlich von Vorteil, wenn es darum ginge, Inzucht zu vermeiden oder Konflikten mit engen Verwandten aus dem Weg zu gehen, meint Drea. Diese Annahmen gelte es aber weiter zu prüfen. Der Duft der männlichen Lemuren spreche aber nicht nur Bände, er sei überdies auch schwierig zu produzieren. Wenn ein Lemur nämlich krank oder sozialem Stress ausgesetzt ist, verändere sich sein Duft dramatisch. „Wenn er seine Duftsignale verliert, dann höchstwahrscheinlich, weil er genetisch weniger fit ist“, sagt Drea. „Und seine sexuellen und sozialen Partner können das wahrnehmen.“
Der Evolutionsbiologe Leonardo Dapporto von der Universität Florenz beschäftigte sich indes genauer mit den Duftdrüsen an den Handgelenken der Kattas. Bei seinen Untersuchungen fand er heraus, dass die Duftsekrete beider Hände sich so voneinander unterschieden wie ein Männchen von einem anderen. Warum der gleiche Drüsentyp allerdings völlig unterschiedliche Gerüche produziert, gibt dem Wissenschaftler noch Rätsel auf. „Lemuren leben in konkurrierenden Gruppen und nutzen Gerüche um ihre Territorien abzugrenzen“, erklärt Dapporto. Möglicherweise würden sie die Stärke einer benachbarten Gruppe über die Anzahl verschiedener Duftmarken einschätzen, die sich an den Gebietsgrenzen finden lassen, und dann zwischen Angriff oder Rückzug entscheiden.
„Zwei Gerüche zu haben könnte ein Trick sein, um falsche Signale bezüglich der Gruppengröße zu senden“, vermutet Dapporto. Dies würde sich dann in eine ganze Reihe von Wahrnehmungstäuschungen einreihen, die Tiere zur Einschüchterung ihrer Artgenossen anwenden. So bringen Pandabären per Handstand ihre Duftmarken hoch über dem Grund an während Kaninchenkauze bei drohender Gefahr das Rasseln von Klapperschlangen imitieren.
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