Durch Lernen zum Erfolg – kleinstes Säugetier erkennt Beute an der Form

Prof. Michael Brecht (Bernstein Center for Computional Neuroscience, Berlin) berichtete jetzt auf dem internationalen Kongress über die Entwicklung und Funktion des Tastsinns und des Schmerzempfindens („Development and function of somatosensation and pain“) des Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch von den Besonderheiten ihres Jagdverhaltens.

„Die Etruskerspitzmaus tastet ihre Beute blitzschnell ab und ändert, wenn nötig, ihre Jagdstrategie“, erklärte er in seinem Vortrag. „So entwischt ihr keine Beute.“

Je kleiner ein Tier ist, desto mehr Wärme verliert es über seine Körperoberfläche. Um nicht zu verhungern, muss die Etruskerspitzmaus diesen lebensbedrohlichen Energieverlust ständig ausgleichen. Täglich verzehrt sie deshalb das Doppelte ihres Körpergewichts. Auf ihrem Speiseplan stehen dabei Heuschrecken, Schaben aber auch Spinnen. Da die Beutetiere fast genauso groß sind wie ihr Jäger, muss die Etruskerspitzmaus schnell und gezielt angreifen.

Auch weil sie nachts jagt, muss sie sich auf ihren Tastsinn verlassen. Mit langen Tasthaaren an der Schnauze kann sie ihre potentielle Beute orten und erkennen, wen genau sie vor sich hat. Danach tötet die Spitzmaus ihre Beute durch gezielte Angriffe. Prof. Brecht und seine Mitarbeiter konnten beobachten, dass das Säugetier Heuschrecken beispielsweise mit einem kräftigen Biss in den Rücken zur Strecke bringt.

Um zu prüfen, ob die Tiere ihre Beute an der Form erkennen, boten die Wissenschaftler der Etruskerspitzmaus eine Plastikheuschrecke an. Obwohl das künstliche Beutetier sich nicht bewegte und nicht wie ein lebendes Tier roch, griff die Etruskerspitzmaus die Plastikbeute bis zu 15mal an. „Die Etruskerspitzmaus verlässt sich in einem Ausmaß auf den Tastsinn und die taktile Formerkennung, wie wir es von keiner anderen Tierart kennen“, berichtete Prof. Brecht auf dem MDC-Kongress.

„Auch auf neue Situationen kann das Tier blitzschnell reagieren“, sagte Prof. Brecht. Um dies zu untersuchen, tauschten die Wissenschaftler lebende Heuschrecken gegen eine Riesenschabe aus. Diese unterscheidet sich deutlich von der normalen Beute der Spitzmaus. Die Schabe besitzt einen harten Rückenpanzer und ist so vor den üblichen Angriffen der Etruskerspitzmaus geschützt. Doch zeigten die Versuche, dass es der Spitzmaus nach sehr kurzer Zeit gelingt, ihre natürliche Jagdstrategie an die neue Beute anzupassen. Schnell hatte sie erkannt, dass der Bauch der Schabe ihre Schwachstelle ist. „Sie lernt während der Jagd und wendet das neue Wissen sofort an“, so Prof. Brecht. „Auch Riesenschaben entkommen ihr nicht.“

Barbara Bachtler
Pressestelle
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
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