Neuartiges Kombimikroskop erlaubt Schreiben und Lesen auf zweierlei Art

Eine Nanometer-dünne Nadel, die zugleich als Antenne für Infrarotlaserlicht dient, ist das Herzstück eines neuartigen kombinierten Rasterkraftmikroskops, das RUB-Chemiker am Lehrstuhl für Physikalische Chemie II (Prof. Dr. Martina Havenith-Newen) entwickelt haben.

Es kann nicht nur winzig klein in Molekülschichten hineinschreiben, sondern diese 10 bis 20 Nanometer kleine Schrift auch durch Abtasten lesen und ihre chemische Struktur anhand ihres Infrarotlaser-Fingerabdruck analysieren.

„In ersten Experimenten konnten wir zeigen, dass unser Nanoskop sensitiv genug ist, um die chemische Zusammensetzung einer strukturierten, aus zwei unterschiedlichen DNA-Strängen bestehenden Einzelmolekülschicht nachzuweisen“, erklärt Ilona Kopf, die für die Darstellung dieser Experimente bei der Bunsentagung Anfang Mai in Saarbrücken einen von zehn „Hot Topic“-Posterpreisen erhielt, die unter 264 Präsentationen verliehen wurden.

Nanorasur in DNA-Schichten

Die RUB-Forscher untersuchen in einer Kooperation mit der Gruppe von Prof. Giacinto Scoles an der Synchrotronlichtquelle ELETTRA in Triest (Italien) neue Methoden zum Nachweis winzigster, aber biologisch relevanter, Stoffmengen. Sie kratzen dazu mit der feinen Spitze eines Rasterkraftmikroskops (Durchmesser: 10 Nanometer) Linien aus einer mit DNA bedeckten Oberfläche frei. „Man nennt dies auch Nanorasur (nanoshaving) oder Nanoschreiben (nanografting)“, so Ilona Kopf.

In diesen freigekratzten Bereichen können dann andere Moleküle, z.B. andere DNA-Stränge, verankert werden. Betreibt man das Rasterkraftmikroskop mit geringerer Kontaktkraft, also weniger Druck auf die Oberfläche einer Probe, dann verändert die Nadel die Oberfläche nicht, sondern tastet sie zerstörungsfrei ab. So kann man die Topographie einer Probe lesen wie Blindenschrift mit dem Finger, nur auf einer 10 Millionen mal kleineren Skala. Problematisch war es bisher, Aussagen über die chemische Beschaffenheit solcher Nanostrukturen zu machen.

Nanoskop hat höhere Auflösung als konventionelle Mikroskope

Genau an diesem Punkt setzt das an der RUB entwickelte chemisches Nanoskop an: Auch hier wird die Oberfläche mit einem Nanofinger abgetastet. Zusätzlich wird dieser Nanofinger aber auch als Antenne für infrarotes Laserlicht benutzt, das simultan auf die Oberfläche leuchtet. Da jedes Molekül im infraroten Spektralbereich einen charakteristischen „chemischen“ Fingerabdruck hat, – d.h. es kann abhängig von seinem chemischen Aufbau bestimmte Energien absorbieren – ermöglicht die Betrachtung der vom Nanofinger abgestreuten Lichtintensität, die chemische Zusammensetzung der Probe zu bestimmen. So erhält man einen chemischen Fingerabdruck von einer solchen geschriebenen Nanolinie in Form eines Infrarotspektrums. Die Auflösung des Nanoskop lässt die Beobachtung weit kleinerer Strukturen zu als die eines konventionellen Mikroskops.

Bahn frei für neue Generation von Nanogeräten

Die Möglichkeit, gleichzeitig topographische und chemische Informationen von biologischen Nanostrukturen zu bestimmen, bildet die Basis für eine ganz neue Generation von Nanogeräten, wie z.B. für die medizinische Diagnostik. Mit Hilfe eines Musterabgleichs kann sowohl die Substanz identifiziert werden als auch die Packungsdichte der DNA-Stränge auf der Oberfläche gemessen werden.

Postertitel

„Hybridization detection at the nanoscale using scanning near-field infrared microscopy“. Posterautoren: Ilona Kopf, Christian Grunwald, Erik Bründermann, Loredana Casalis, Giacinto Scoles, Martina Havenith.

Weitere Informationen

Ilona Kopf, Lehrstuhl für Physikalische Chemie II (Prof. Dr. Havenith-Newen), Tel. 0234/32-24249, Fax: 0234/32-14183, E-Mail: ilona.kopf@rub.de

Media Contact

Dr. Josef König idw

Weitere Informationen:

http://www.ruhr-uni-bochum.de/

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