Unterkuehlter Artenschutz

Die Gefrierkonservierung von Amphibien-Spermien wird in einem aktuellen Forschungsprojekt des Wissenschaftsfonds FWF optimiert. Das Ziel ist die erfolgreiche Züchtung gefährdeter Amphibienarten aus tiefgekühlten Spermien, die zur Befruchtung verwendet werden können. Der afrikanische Krallenfrosch und der mexikanische Axolotl dienen als Modellorganismen.

Nahezu 2.000 Amphibienarten weltweit gelten als gefährdet. Der Artenschutz in ihrer natürlichen Umgebung ist wenig erfolgreich und Alternativen werden dringend gesucht. Eine Möglichkeit bietet die langfristige Lagerung des genetischen Materials, das später dann zu Züchtungszwecken verwendet werden kann. Für Spermien, die zur Lagerung des genetischen Materials praktische Vorteile bieten, wird nun im Rahmen eines Projekts des Wissenschaftsfonds FWF die Gefrierlagerung – Kryo-Konservierung – optimiert.

EIZELLEN & SPERMIEN
Zu den Vorteilen, die Spermien bieten, führt der Projektleiter Prof. Robert Patzner von der Paris-Lodron-Universität Salzburg (Fachbereich Organismische

Biologie) aus: „Prinzipiell können anstatt Spermien natürlich auch Eizellen gelagert werden, doch bereiten sie auf Grund ihrer Größe, Form und Inhaltsstoffe bei der Gefrierlagerung Probleme. Der Temperaturaustausch erfolgt unvorteilhaft und schädigt die Zelle. Spermien hingegen können wir vom lebenden Tier erhalten und auf Grund ihrer Kompaktheit unter idealen Bedingungen gefrierlagern.“

Doch bei allen offensichtlichen Vorteilen, die Spermien für die Kryo-Konservierung bieten, ist noch viel Optimierungsbedarf bei der Methode vorhanden. Genau diesem widmen sich Prof. Patzner und sein Mitarbeiter Dr.

Nabil Mansour. Zu den von ihnen zu untersuchenden Parametern gehören die optimale Verdünnung der Spermien; die Konzentration an Frostschutzmitteln, das den Gefrierpunkt des Wassers in den Spermien senkt; die genaue Gefriertemperatur und Details des später folgenden Auftauvorgangs.

Das Ziel ist es Spermien zu erhalten, die optimal für die so genannte Androgenese genutzt werden können, also der Entwicklung eines Lebewesens aus ausschließlich väterlichen Erbanlagen. Dafür werden weibliche Eizellen, deren genetisches Material entfernt wurde, mit den zuvor gefriergelagerten Spermien befruchtet. In der Folge werden die befruchteten Eizellen einem Hitzeschock ausgesetzt, der zur Verdoppelung des männlichen – im Spermium angelieferten – genetischen Materials führt. Damit liegen in der Eizelle wieder zwei Chromosomensätze vor, die zur Entwicklung eines lebensfähigen Amphibiums notwendig sind.

STATE OF THE ART
Dem Artenschutz wird diese Methode dann gerecht, wenn die verwendeten Eizellen von gezüchteten, nicht gefährdeten Arten stammen. Werden diese zur Befruchtung mit kryo-konservierten Spermien von gefährdeten Arten verwendet, entwickeln sich ausschließlich Nachkommen der gefährdeten Art.

Um den Erfolg der Methode festzustellen, erläutert Prof. Patzner, werden folgende Werte untersucht: „Die Überlebensrate der sich entwickelten Amphibien ist natürlich der ultimative Indikator für den Erfolg – der sich naturgemäß erst am Ende unserer Bemühungen feststellen lässt. Wir kontrollieren daher auch schon frühzeitig die Zusammensetzung des genetischen Materials in den befruchteten Eizellen. Das erlaubt Aussagen über den späteren Erfolg. Aber ganz wichtig ist natürlich auch die Qualität der kryo-konservierten Spermien. Da checken wir nach dem Auftauen den Anteil an abgestorbenen Spermien sowie die Beweglichkeit und Zellstruktur der überlebenden. Ist die Qualität der Spermien hoch, dann ist der Züchtungserfolg wahrscheinlicher.“

Bei all seinen Bemühungen sind sich Prof. Patzner und Dr. Mansour bewusst, dass die Kryo-Konservierung die weltweite Zerstörung der natürlichen Habitate der Amphibien nicht wett machen kann. Doch sind viele Amphibienarten auch durch andere Gefahren bedroht wie z. B. eine erst vor kurzem identifizierte Pilzinfektion, die bis zu 100 Prozent einer betroffenen Population töten kann. In genau solchen Fällen bietet die Kryo-Konservierung und Androgenese aus diesem FWF-Projekt einen wirkungsvollen Artenschutz.
Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Robert Patzner
Universität Salzburg
Organismische Biologie
5020 Salzburg
T +43 / 662 / 8044 – 5619
M 0669/ 11947812 (Dr. Mansour)
E robert.patzner@sbg.ac.at
Der Wissenschaftsfonds FWF:
Mag. Stefan Bernhardt
Haus der Forschung
Sensengasse 1
1090 Wien
T +43 / 1 / 505 67 40 – 8111
E stefan.bernhardt@fwf.ac.at
Redaktion & Aussendung:
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